21.12.2020

Zu wenige Fortschritte beim Waldschutz

Blick auf den Tatama Nationalpark in Kolumbien. Foto: Shutterstock

Die Ziele der New Yorker Erklärung zu Wäldern können nur durch einen Paradigmenwechsel in der Waldnutzung beschleunigt werden. Das ist das Ergebnis eines aktuellen Fortschrittsberichts.

Die Erschließung von Infrastruktur und Rohstoffen bedroht die einzigartigen Ökosysteme der Tropenwälder. Bislang schreiten die Bemühungen, die noch intakten Wälder zu schützen, viel zu langsam voran. Dies ist das Fazit des im November veröffentlichten Fortschrittsberichts der New Yorker Erklärung zu Wäldern.

Die “New York Declaration on Forests”

Die New Yorker Erklärung zu Wäldern (NYDF) ist eine einzigartige internationale Erklärung, Maßnahmen zur Eindämmung der weltweiten Entwaldung und zum Wiederaufbau von Wäldern zu ergreifen. Die Erklärung ist für die Länder freiwillig und unverbindlich. Mehr als 200 Regierungen, multinationale Unternehmen, indigene Gruppen und Nichtregierungsorganisationen unterstützen die NYDF und haben sich verpflichtet, sich für die Erreichung der ehrgeizigen Ziele zu engagieren. 

Jedes Jahr fasst der NYDF-Fortschrittsbericht die kollektiven Fortschritte bei der Erreichung der NYDF-Ziele zusammen. Herausgegeben wird der Bericht von einem unabhängigen und kritischen Netzwerk aus Forschungsorganisationen und Zivilgesellschaft. 

Paradigmenwechsel bis 2030 notwendig

Der diesjährige Fortschrittsbericht analysiert die Umsetzung zweier Ziele: Ziel 3 (Verminderung der Entwaldung durch Infrastruktur- und Bergbauprojekte) und Ziel 4 (Aufzeigen von alternativen, nachhaltigen Nutzungspraktiken der lokalen Bevölkerung), die zu einer Verringerung von Armut beitragen. 

Derzeit sind Tropenwälder massiv von Großprojekten für Transport- und Energieinfrastruktur, Bergbau und Urbanisierung bedroht. Der Bericht beschreibt einen zunehmenden Trend, dass Armutsbekämpfung und nachhaltige Entwicklung bei Bergbau- und Infrastrukturprojekten unberücksichtigt bleiben - mit gravierenden Folgen für das Weltklima, die Artenvielfalt sowie die gesellschaftlichen Strukturen. 

Nach Einschätzung der Autorinnen und Autoren scheitern Regierungen oft an der Umsetzung der bestehenden nationalen Forstpolitik und der verankerten Waldschutzvereinbarungen, weil es ihnen an Umsetzungsstrategien, Strukturen und politischer Stabilität fehlt. Das politische Ungleichgewicht zwischen verschiedenen Regierungsbehörden ermöglicht es Interessengruppen (beispielsweise aus dem Rohstoffsektor) allzu oft, Landnutzung und die entsprechenden Regelungen zu ihren Gunsten zu beeinflussen. 

Bei den internationalen Finanzinstitutionen und Gebern gibt es bereits eine Reihe von Initiativen, ihre Investitionen an nachhaltige Kriterien zu knüpfen, jedoch fehlen dem Bericht zufolge Informationen über die Auswirkungen dieser Investitionen auf Wälder. Zwar erkennen auch Unternehmen innerhalb des Rohstoffsektors zunehmend ihren Einfluss auf Wälder an, die Transparenz bezüglich ihrer Aktivitäten ist aber noch sehr begrenzt. Nur 23 von insgesamt 225 befragten Unternehmen haben in den Jahren 2019 und 2020 die Auswirkungen ihrer Investitionen auf Wälder offengelegt. 

Die Rolle Deutschlands und anderer Industrieländer

Insbesondere im globalen Norden sind die Wirtschaftssysteme weiterhin auf Rohstoffe angewiesen, die in Entwicklungs- und Schwellenländern produziert werden. Oftmals führen die Produktionspraktiken zur Abholzung von Wäldern. Regierungen, Unternehmen und Verbraucher müssen nach Einschätzung der Autorinnen und Autoren mehr Verantwortung für ökologische und soziale Aspekte ihrer Produktion und ihres Konsums übernehmen. 
Den Herausforderungen durch den voranschreitenden Verlust der Urwälder stellt sich auch die EU. Im Juli 2019 veröffentlichte die EU-Kommission die Mitteilung „Stepping up EU Action to Protect and Restore the World's Forests“, die verschiedene nachfrageseitige Maßnahmen zur Bekämpfung der Entwaldung und Waldschädigung sowie zum Wiederaufbau von Wäldern im Zusammenhang mit dem EU-weiten Konsum von Agrar- und Forstgütern anregt. 

Fazit des NYDF-Fortschrittsberichts

Das Fazit des Berichts ist ernüchternd: Das erste Ziel der Walderklärung, den Verlust von natürlichen Wäldern bis 2020 zu halbieren, wurde demzufolge bereits verfehlt. Fortschritte bei der Erreichung der Ziele 3 und 4 der NYDF werden nur langsam erzielt. Das heißt, die Reduzierung der Entwaldung durch Infrastruktur und Erschließung von Bodenschätzen bei gleichzeitiger Förderung nachhaltiger Lebensgrundlagen schreitet nicht schnell genug voran. 

Ohne grundsätzliche Veränderungen in den internationalen Entwicklungsstrategien sowie eine kohärente Umweltpolitik zum Thema Waldschutz wird die globale Gemeinschaft ihre ehrgeizigen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung, Klimaschutz und Walderhalt bis 2030 nicht erreichen können. 

IKI-Projekte unterstützen die Ziele der NYDF

Die NYDF wurde im September 2014 während des UN-Klimagipfels in New York verabschiedet. Gemeinsames Verständnis der Erklärung ist, dass der Entwaldungstopp zwingend notwendig ist, um 

  • den globalen Temperaturanstieg auf weniger als 2 Grad Celsius über vorindustriellem Niveau zu halten, 
  • dem weltweiten Verlust von Artenvielfalt zu begegnen und 
  • Ziele einer gemeinsamen nachhaltigen Entwicklung zu verfolgen. 

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) unterstützt mit der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) das Sekretariat der NYDF. Um beispielsweise international die artenreichen Naturwälder zu erhalten, fördert die IKI unter anderem nachhaltige Nutzungsformen, insbesondere in der Landwirtschaft, und identifiziert Entwaldungsursachen. Dadurch werden diese einzigartigen Ökosysteme geschützt und die natürlichen Kohlenstoffsenken erhalten. 

Ein weiterer Ansatz der IKI ist es, den Ausbau und die Stärkung regionaler und nationaler Infrastrukturen zur Durchsetzung von Waldschutzmaßnahmen zu unterstützen und über die Ausarbeitung von nationalen Strategien zu informieren. Außerdem wird durch IKI-Projekte auch auf internationaler Ebene die Relevanz einer stabilen und ausreichenden Klimafinanzierung adressiert und mehr privates Engagement in diesem Bereich angeregt. 
Durch solche Projekte wird die Zusammenarbeit der Akteure untereinander verbessert, damit waldrelevante Klimafinanzierung wirksamer umgesetzt und die Ziele der NYDF besser erreicht werden können. 

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Kontakt

IKI Office
Zukunft – Umwelt – Gesellschaft (ZUG) gGmbH
Stresemannstraße 69-71

10963 Berlin

iki-office@z-u-g.org

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