Steuerreformen für eine Green Recovery
Experten-Workshop unterstreicht die Bedeutung einer grünen Fiskalpolitik für eine Green Recovery nach COVID-19 in Lateinamerika und der Karibik.
Die Verankerung umweltpolitischer Ziele in der Fiskalpolitik ist angesichts der wesentlichen Rolle, die steuerliche Maßnahmen im aktuellen Krisenmanagement spielen, wichtiger denn je geworden. Vor diesem Hintergrund bietet der wirtschaftliche Wiederaufbau auch ein gutes Zeitfenster für eine grüne Fiskalpolitik, da die Energie- und Rohstoffpreise niedrig sind, und die öffentlichen Haushalte nach dem Ablauf der Maßnahmen zur Konjunkturbelebung unter Konsolidierungsdruck geraten werden. Angesichts der sozialen Verwerfungen durch die Krise, ist die soziale Ausgestaltung grüner Steuermaßnahmen für ihre Akzeptanz noch wichtiger als sie es bislang schon war. Die COVID-19-Krise macht es für Entwicklungsländer unabdingbar, ihre Steuersysteme zu reformieren, um mehr Ressourcen auf nationaler Ebene zu generieren.
Dies waren die Schlussfolgerungen eines Online-Workshops, der vom Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP), der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) und dem Internationaler Währungsfonds (IWF) unter der Schirmherrschaft des Green Fiscal Policy Network (GFPN) zusammen mit der Wirtschaftskommission für Lateinamerika und die Karibik der Vereinten Nationen (UN ECLAC) im Oktober 2020 organisiert wurde. Sein Ziel: die Rolle einer grünen Fiskalpolitik für eine Green Recovery nach COVID-19 in Lateinamerika und der Karibik zu untersuchen.
Klima- und Naturschutz muss in die Wiederaufbaupläne integriert werden
Ein wichtiges Workshop-Thema war dabei die Notwendigkeit, die Ansätze für eine grüne Fiskalpolitik ganz konkret in den Kontext der wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen aufgrund der gegenwärtigen Krise sowie der besonderen entwicklungspolitischen Herausforderungen in Lateinamerika zu stellen. Die Erkenntnis, dass es dringend geboten ist, den Klima- und Naturschutz vor dem Hintergrund der Pandemie in die öffentlichen Finanzprozesse zu integrieren, brachte nahezu 90 Expertinnen und Experten aus den Regierungen in der Region, internationalen Organisationen sowie Vertretende aus der Wissenschaft und Thinktanks zusammen.
Die Diskussionen machten deutlich, dass die außergewöhnliche Situation, die durch die Pandemie entstanden ist, einen Wiederaufbauplans erfordert, bei dem die nachhaltige Entwicklung im Mittelpunkt stehen muss. Darüber hinaus herrschte Konsens darüber, dass die aktuellen fiskalischen Herausforderungen durch eine effizientere Verteilung der Ressourcen bewältigt werden können.
Gute Ansätze in Chile, Costa Rica, Kolumbien und Panama
In der ersten Sitzung thematisierte Steven Stone, Leiter der Abteilung Ressourcen & Märkte beim UNEP, die derzeitige Krise als „Botschaft der Natur“ und beleuchtete die Arbeit des UNEP am Bericht „Building a Greener Recovery: Lessons From the Great Recession” (Aufbau eines „grüneren Wiederaufschwungs“: Erkenntnisse aus der großen Rezession). José Luis Samaniego, Direktor der ECLAC-Abteilung für nachhaltige Entwicklung und menschliche Siedlungen, verwies zudem darauf hin, dass das Bruttoinlandsprodukt in der Region derzeit auf das Niveau von vor zehn Jahren zurückgegangen sei. In diesem Zusammenhang rief er zu einer koordinierten Aktion auf, die technologische, steuerliche, finanzielle und soziale Regulierungsmaßnahmen umfassen solle. Er hob dabei die Maßnahmen hervor, die derzeit in vier Ländern in Lateinamerika und der Karibik – Chile, Costa Rica, Kolumbien und Panama – im Sinne einer Green Recovery erwogen werden. In Chile hat etwa ein Drittel der geplanten Projekte den Übergang zu einer nachhaltigen Entwicklung als Ziel und sichert so die Übereinstimmung mit den national bestimmten Klimaschutzbeiträgen (NDC). Panama ist bestrebt, neben der Integration des Klimawandels in sein Bankensystem auch kohlenstoffarme Technologien zu fördern und Subventionen für Kohlenstoffenergie zu verringern.
Steven Stone und José Luis Samaniego betonten beide, wie wichtig eine grüne Steuer- und Ausgabenpolitik ist, um ein soziales verträgliches Heilmittel für die Krise zu finden. Anschließend präsentierte Brian O’ Callaghan von der Smith School of Enterprise and Environment der Universität Oxford vorläufige Erkenntnisse aus der gemeinsamen Arbeit mit dem UNEP in Bezug auf „grüne“ Inhalte von steuerlichen Konjunkturpaketen, die als Reaktion auf COVID-19 angekündigt wurden. Er hob einige der Hauptchancen für saubere Investitionen hervor, welche die Bemühungen der Länder für einen besseren Wiederaufbau unterstützen könnten, darunter Ausgaben für grüne Initiativen wie die Schaffung grüner Märkte, Investitionen in neue saubere öffentliche Verkehrsmittel und Energieinfrastrukturen wie Anreize für Elektrofahrzeuge.
Steuerreformen müssen gerecht sein
In den folgenden thematischen Sitzungen diskutierten die Teilnehmenden über verschiedene Ansätze und länderspezifische Erfahrungen im Hinblick auf eine grüne Haushaltsplanung, Umweltsteuern und Reformen für umweltschädliche Subventionen.
Besonders interessant war unter anderem die thematische Diskussion zur Ausrichtung des öffentlichen Rahmens für Green-Recovery-Pläne, mit einem verstärkten Schwerpunkt auf den Finanzministerien und der Frage, wie Haushaltsmaßnahmen in Richtung Umwelt- und Entwicklungsziele integriert und besser priorisiert werden können. Im Mittelpunkt dieser Sitzung stand die Erhöhung der öffentlichen Einnahmen in Form von Steuern, um die Umstellung auf sauberere und energieeffizientere Brennstoffe zu fördern. Dabei wäre jedoch sicherzustellen, dass diese Steuern gerecht seien, und die Einnahmen für Erste-Hilfe-Maßnahmen für die ärmsten Haushalte und die Unterstützung von Gesundheitsinfrastrukturen verwendet werden sollten. In der Diskussion wurden auch Reformen bestehender nicht nachhaltiger Subventionen für die Landwirtschaft angesprochen, die in der Folge zu Steuereinsparungen führen werden.
Abschließend wurden die wahrscheinlichen Auswirkungen grüner Steuerreformen hervorgehoben, die analysiert werden müssen – Kosten und Nutzen, erwartete und indirekte Effekte im Wirtschafts- und Umweltbereich. Obwohl die politischen Herausforderungen nach wie vor beträchtlich bleiben, erfordert die aktuelle Situation diese grünen Reformen, um die sensiblen politischen und wirtschaftlichen Themen anzugehen.
Der Link wurde in die Zwischenablage kopiert
Kontakt
IKI Office
Zukunft – Umwelt – Gesellschaft (ZUG) gGmbH
Stresemannstraße 69-71
10963 Berlin