04.09.2020

Sektorübergreifender Vogelschutz

Feuchtgebiete stellen wichtige Lebensräume für Zugvögel dar. Foto: Wetlands International.
Feuchtgebiete stellen wichtige Lebensräume für Zugvögel dar. Foto: Wetlands International.

Klima- und Biodiversitätsschutz gelingt nur mit einem ganzheitlichen Ansatz. Projektleiter Marijin van Leeuwen im Interview.

Zugvögel überqueren bei ihren Reisen mehrere Kontinente. Feuchtgebiete sind dabei ein wichtiger Rast- und Brutplatz. Um sie zu schützen müssen Klima- und Biodiversitätsschutz sektorübergreifend mit den lokalen Akteuren gedacht werden. Projektleiter Merijn van Leuwen von Wetlands International erklärt im Interview, wie der ganzheitliche Ansatz beim Projekt „Klimaresilientes Netzwerk von Zugvogelschutzgebieten auf der afrikanisch-eurasischen Flugroute“ vor Ort umgesetzt wird.

Was zeichnet Ihr IKI-Projekt zum Schutz von Zugvögeln aus?

Merijn van Leeuwen: Wir verbinden die Biodiversitätsdiskussion mit der Anpassung an den Klimawandel. Und wir zeigen, wie das funktioniert. Wir arbeiten hauptsächlich landschaftsbasiert, beziehen also alle betroffenen Gruppen ein und konzentrieren uns auf die Veränderung bei der Verfügbarkeit von Wasser. Das stellt die entscheidende Herausforderung für Natur und Menschen dar. Feuchtgebiete bieten als Ökosysteme eine ganze Reihe an bedeutenden „Vorteilen“, etwa indem sie den Wasserhaushalt regulieren oder Kohlenstoff speichern. Wir beobachten alle Konsequenzen für wandernde Wasservögel. Klassischerweise brüten diese in der hohen Arktis und verbringen den Winter im tropischen Afrika. Deswegen reicht es nicht, nur einen Aspekt zu betrachten. Wir müssen wissen, was in sämtlichen Feuchtgebieten auf ihrem Flugweg passiert.

Wie trägt Ihr Projekt zum Klimaschutz bei?

Wir arbeiten auf vier Ebenen: Im Bereich der Flugwege wird ein Konsortium von Universitäten demnächst eine Studie veröffentlichen, die die Konsequenzen des Klimawandels auf Flüsse und Seen aufzeigt. Ebenso werden wir die Qualität der Feuchtgebiete in Europa, Afrika und dem Nahen Osten untersuchen. Vor Ort arbeiten wir nicht „in Silos“, sondern sektorübergreifend mit den lokalen Akteuren. Zu unseren Partnern zählen die staatlichen Einrichtungen für Wälder und Talkessel ebenso wie Bauern und Bäuerinnen und Unternehmen. Auch die Geschäftswelt hat ein klares Interesse am Thema. Beispielsweise beherbergt der See Abijatta 250.000 Flamingos und Enten, er ist das bedeutendste Wasservogel-Biotop in Äthiopien. Und er ist hauptsächlich wegen des hohen Wasserverbrauchs bedroht. Genug Wasser zu haben ist für die Vogelwelt, die Menschen und auch die regionale Wirtschaft von großer Bedeutung. Ökosysteme sind ökologisch, sozial und ökonomisch wertvoll. Auf nationaler Ebene arbeiten wir in Mali und Äthiopien daran, dass Feuchtgebiets- und Naturschutz dort in die Klimaschutzagenda integriert wird. Wir erreichen dies in Zusammenarbeit mit den jeweils relevanten Ministerien, aber auch mit international anerkannten NGOs und Thinktanks. Darüber hinaus gehen wir auch auf andere Länder in Afrika und dem Nahen Osten zu, um die Integration von Biodiversitäts und Klimaschutz in der ganzen Region voranzutreiben.

Wie passt das mit der IKI zusammen?

Die IKI verfolgt die Erhaltung der Biodiversität und den Klimaschutz, sie verbindet diese beiden Ziele eng miteinander. Genau das machen wir in unserem Projekt auch.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen nationalem und IKI-Personal?

Wir haben Projektbüros in Mali und Äthiopien, in denen die Arbeitspläne erstellt und der Großteil der lokalen Implementierung erfolgt. Unser Personal aus den Niederlanden unterstützt sie auch vor Ort. Aber es sind hauptsächlich unsere länderspezifischen Teams, die lokalen Abteilungen, die staatlichen Agenturen und die NGOs, die die Arbeit leisten. Ich treffe mich mit ihnen in Lenkungsausschüssen, aber sie machen die strategische Arbeit. Es ist notwendig, vor Ort anwesend zu sein. Nur Einheimische können wirklich etwas bewirken. Veränderung hat zu 30 Prozent mit Informationen und Daten zu tun. Der Rest besteht darin, zu zeigen, dass etwas getan werden kann. Wir müssen mit denjenigen eine Beziehung aufbauen, die nachher mit den Veränderungen leben oder Entscheidungen darüber treffen müssen – und sie dazu befähigen, das zu tun. Was wäre Ihr persönlicher Wunsch für Biodiversitätsprojekte wie Ihres im internationalen Kontext? Es ist entscheidend, die Bereiche der Anpassung an den Klimawandel und der Minderung von Treibhausgasen mit der Diskussion über Biodiversität zu kombinieren – das sollte auch so bleiben! Und es ist sehr wichtig, mit diesem integrierten Ansatz gegen die zunehmenden Bedrohungen für Mensch und Natur durch Wassermangel und die Verschlechterung der Bodenqualität vorzugehen.

Was würden Sie den Leserinnen und Lesern unseres Berichtes gerne noch über Klimaschutzpraxis und deren Herausforderungen und Zukunftsaussichten sagen?

Klimawandel und Übernutzung natürlicher Ressourcen machen es sehr schwierig, in Afrika und Südasien ausreichend Nahrungsmittel bereitzustellen. Das hat eine gewaltige Auswirkung auf die Verfügbarkeit von Wasser. Wie können wir diese beiden Ziele kombinieren, gleichzeitig die Biodiversität und ihre Leistungen für die Menschheit erhalten? Das ist die größte Herausforderung!

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iki-office@z-u-g.org

Videos zum Projekt

Screenshot: animierte Figuren am Wasser

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