06.10.2020

Schutz der Wälder im Himalaya

Nepal: Frauen arbeiten in einem Wiederaufforstungsprojekt. Foto: ICIMOD

Im Interview berichtet Dr. Bhaskar Singh Karky über sein Arbeit zum Schutz der Wälder im Himalaya.

In der Himalayaregion ist der Klimawandel deutlich sichtbar, die Gletscher im höchsten Gebirge der Erde sind in den vergangenen Jahrzehnten durch ansteigende Temperaturen kleiner geworden. Gleichzeitig hat die Region ein großes Potenzial zum Klimaschutz beizutragen: Die ausgedehnten Wälder dienen als natürliche Kohlenstoffsenken. Die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) fördert seit 2013 in Nepal, Bhutan, Indien und Myanmar den Schutz und die Wiederherstellung von Waldökosystemen. Das ist nicht nur ein Beitrag zum Klimaschutz, sondern unterstützt auch nachhaltige Einkommensmöglichkeiten für die Gemeinden vor Ort – und sichert den Lebensraum von gefährdeten Arten wie dem asiatischen Elefanten oder dem roten Panda. Dr Bhaskar Singh Karky koordiniert das IKI-Projekt „Erhalt natürlicher Kohlenstoffsenken im Himalaya“. Im Interview gibt er einen Einblick in die Projektarbeit vor Ort.

Wie funktioniert das Projekt?

Bhaskar Singh Karky: ICIMOD ist eine zwischenstaatliche Organisation mit Sitz in Kathmandu. Das REDD+ Himalaya-Programm unterstützt die Himalaya-Länder bei der Vorbereitung auf REDD+. Hauptziel ist die Entwicklung eines sozial inklusiven und umweltverträglichen REDD+-Rahmens, der an die Gegebenheiten des Himalayas angepasst ist. ICIMOD hat das Programm mit den REDD+ Schwerpunkten der vier Länder koordiniert. Die GIZ hat diese Arbeit technisch unterstützt.

Das Projekt arbeitet eng mit der einheimischen Bevölkerung zusammen. Weshalb engagieren sich lokale Gemeinden für den Waldschutz?

Im Himalaya lebt ein großer Teil der Bevölkerung von der Subsistenzwirtschaft, in der Biomasse eine entscheidende Rolle spielt. So decken die Haushalte mehr als 70 Prozent ihres Energiebedarfs durch Brennholz. Der Weg zwischen einer nachhaltigen Bewirtschaftung und Raubbau am Wald gleicht einer Gratwanderung. Ein wirkungsvoller Schutz der Wälder führt zu einer nachhaltigen Bereitstellung von Ökosystemdienstleistungen. Aber in vielen Fällen führen Naturkatastrophen, Wirtschaftskrisen, Korruption, politische Instabilität und Gewalt dazu, dass diese Ressourcen ausgebeutet und komplett verbraucht werden. Wälder entwickeln sich sehr dynamisch, und negative Veränderungen können sich schnell vollziehen. Deshalb müssen die Gemeinden ihr ökologisches Kapital konsequent schützen. In Indien und Nepal beispielsweise bringen sich Dorfbewohner aktiv in die Sitzungen des Waldausschusses ein.

Was ist eigentlich eine Waldinventur, und wozu dient sie?

Dr. Bhaskar Singh Karky koordiniert das IKI-Projekt „Erhalt natürlicher Kohlenstoffsenken im Himalaya“Eine Waldinventur ist eine wissenschaftliche Methode, um zu ermitteln, wie groß die zur Verfügung stehenden Waldressourcen - einschließlich Kohlenstoff - sind. Diese Informationen müssen regelmäßig aktualisiert werden, damit die verantwortlichen Stellen wissen, in welchem Zustand sich die Wälder befinden. Außerdem lässt sich anhand einer Waldinventur das Holzwachstum genauer einschätzen. Dadurch können die Verantwortlichen jährliche Obergrenzen für den Holzeinschlag festlegen, so dass die Wälder nachhaltig bewirtschaftet werden. Eine Waldinventur ist auch dazu geeignet, die Kapazitäten der Wälder zur Verringerung des Treibhausgasausstoßes zu bestimmen. Mit Unterstützung von REDD+ Himalaya hat Bhutan ein nationales Wald- und Kohlenstoffinventur durchgeführt und damit wissenschaftliche Daten gewonnen, die eine klimaneutrale Entwicklung des Landes unterstützen.

Wie sieht die praktische Unterstützung der IKI für die Partnerländer aus?

Das IKI unterstützt die Partnerländer bei Waldinventuren, der Entwicklung von Bewirtschaftungsplänen und der Berücksichtigung von Wäldern als Kohlenstoffsenken in der nationalen Politik und Gesetzgebung. In Myanmar wurde mithilfe der IKI ein Rahmen entwickelt, damit Gemeinden und Waldbesitzer das Recht einfordern können, die Wälder so zu bewirtschaften, dass ihre Lebensgrundlagen gesichert sind. In Nepal setzt die IKI bei der Bewirtschaftung von Gemeindewäldern auf Kooperativen, die ein besseres Waldmanagement gewährleisten. Gleichzeitig trägt das IKI-Projekt zur Vermittlung und Nutzung von Wissen bei. Bewährte Praktiken, die aus der Arbeit mit einigen Waldnutzergruppen in den Gemeinden entstanden sind, werden durch die Federation of Community Forest Users Nepal schnell verbreitet. Das Handbuch zum REDD+ Aktionsplan, das von diesem Projekt entwickelt und in mehreren Ländern eingeführt wurde, umfasst weitere bewährte Methoden.

Intakte Wälder sind Lebensraum für eine Vielzahl von Arten. Was leistet das Projekt für den Schutz der Biodiversität?

Das IKI-Projekt hat für REDD+ ein Protokoll für das Biodiversitäts-Monitoring entwickelt. Damit will es gewährleisten, dass alle REDD+ Maßnahmen mit dem Schutz der Biodiversität vereinbar sind. Außerdem wurden zahlreiche Schulungen durchgeführt, damit das Protokoll an die unterschiedlichen Gegebenheiten der einzelnen Länder und Landschaften angepasst und dort angewendet werden kann. In einem Distrikt kam es immer wieder zu Konflikten zwischen Menschen und Wildtieren. Das Projekt hat verschiedene Studien erstellt, um Lösungen für diese Konflikte aufzuzeigen. Aus den Erfahrungen des IKI-Projekts werden neue Erkenntnisse darüber gewonnen, wie Fluss-Wald-Korridore oder Flussufer so in der REDD+ Architektur berücksichtigt werden können, dass REDD+ auch der terrestrischen und aquatischen Biodiversität zugutekommt. Mit diesem neuen Ansatz versucht ICIMOD, den Nutzen von REDD+ zu erhöhen.

Welche Lernerfahrungen hat das Projekt in der Himalaya-Region gesammelt – auch für andere Länder?

Die allgemeine Modernisierung, bessere Bildung, der Ausbau des Mobilfunknetzes und die Migration haben die Sichtweise der Landbevölkerung auf ihre Wälder verändert. Das IKI-Projekt baut auf dieser neuen Wahrnehmung auf: Die Wälder werden zunehmend als ökologisches Kapital betrachtet, das vielfältige Ökosystemleistungen bietet. Diese können von den Menschen vor Ort genutzt werden, sofern sie durch eine Politik der Dezentralisierung und entsprechende Vorschriften geschützt werden. Dieser Transformationsprozess hat das Vertrauen der lokalen Bevölkerung in den Natur- und Umweltschutz gestärkt. Die lokalen Institutionen stellen dabei soziales Kapital dar und sollten eingebunden werden, um die Schutzmaßnahmen vor Ort mit den Klimafinanzierungsmechanismen des Klimaschutzabkommens von Paris zu verknüpfen. Die Zukunft liegt in Artikel 6 des Abkommens. Diese Vertragsbestimmung bietet den Ländern die Möglichkeit, bei der Umsetzung ihrer Klimaschutzbeiträge zusammenzuarbeiten, um sich für ihre Minderungs- und Anpassungsmaßnahmen  ambitioniertere Ziele zu setzen und die nachhaltige Entwicklung sowie die Umweltintegrität zu fördern. Dazu können die Länder Kooperationen zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor und den Gemeinden auf den Weg bringen.

 

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