18.07.2022

Rückenwind für die Energiewende

Die Dominikanische Republik bietet ein großes Potenzial für Windenergie

In der Dominikanischen Republik kommt die Energiewende in Schwung. Viele ziehen an einem Strang, damit der Karibikstaat seine Klimaziele erreicht.

Die Energiewende in der Dominikanischen Republik nimmt Formen an. Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH unterstützt den Karibikstaat im Auftrag des Bundesumweltministeriums im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) seit 2017 dabei, eine sichere, kostengünstige und nachhaltige Energieversorgung aufzubauen. Hier war Kreativität gefragt, etwa durch die Entwicklung eines digitalen Prognose-Programms für die Stromerzeugung aus Wind und Sonne. Es wird rund um die Uhr mit Daten gespeist und aktualisiert sich auf dieser Grundlage stündlich. Denn Einspeisungs-Schwankungen sind ein reales Problem, und sie effizient zu managen ist eine Herausforderung. „Größtmögliche Präzision bei der Planung ist wichtig, damit so wenig fossile Treibstoffe wie möglich aus der Reserve verbraucht werden und Kosten und Emissionen so gering wie möglich gehalten werden“, sagt Manuel San Pablo, Geschäftsführer der dominikanischen Energiekontrollorganisation (OC).

Das Tool, das seit 2021 von der dominikanischen OC eigenständig finanziert wird, erwies sich als goldrichtig: Die Schwankungen können nun viel genauer vorhergesagt und eingeplant werden. Zudem gibt es eine neue, kostenlose App, die in Echtzeit über die Stromerzeugung, die Einspeisung der erneuerbaren Energien und die Veränderungen beim CO2-Ausstoß informiert.

Ende der Blackouts

Vor dem Aufbruch zur Energiewende war die Lage in der Dominikanischen Republik düster – und das wortwörtlich: Ständige Stromausfälle gehörten jenseits der Touristenhochburgen noch Anfang des Jahrtausends zum Alltag. Ländliche Regionen waren oft komplett abgehängt. Inzwischen hat das Land viel in sein Energiesystem investiert, um die Stromversorgung zu sichern. Zunächst setzte es jedoch auf fossile Energieträger. Und diese belasten nicht nur das Klima, sondern auch den Finanzhaushalt. Denn das Land ist von den Rohstoffimporten – meist Schweröl, Gas und Kohle – abhängig. Preisschwankungen auf dem Weltmarkt, wie etwa jüngst durch den Krieg in der Ukraine, machen verlässliche Planung schwer. Und leeren die Kassen.

Alternativen zu qualmenden Kraftwerken sind erneuerbare Energien. Vor allem Solar- und Windenergie haben auf der Karibikinsel ein großes Potenzial. Doch die Bedenken gegen ihre Einführung waren auf dem Inselstaat anfänglich groß. „Im erneuerbaren Energiegesetz vom Jahr 2007 wurden die variablen Erneuerbaren noch energias no-gestionables genannt,“ erinnert sich Manuel San Pablo. Das bedeutet übersetzt „nicht zu handhabende Energiequellen“. Positiv klingt anders.

Daten gegen Mythen

Die Liste der Vorbehalte in Politik, Wirtschaft und der Bevölkerung war lang. Die Leute sorgten sich etwa, dass die Strompreise steigen könnten, wenn anfangs zu viel Geld investiert werden muss. Andere warnten, dass Schwankungen das Stromnetz destabilisieren könnten. Um Bedenken auszuräumen, wurden technische Studien erarbeitet und dann bei Trainings etwa für Fachpersonal vorgestellt. Eine Kampagne in sozialen Netzwerken und Medien informierte über Fakten zu den Erneuerbaren.

Wind- und Solarenergie verdreifacht

Skeptiker und Kritikerinnen haben sich aber inzwischen überzeugen lassen. In den vergangenen drei Jahren hat sich die Stromerzeugung aus Wind und Sonne verdreifacht. Sowohl der staatliche als auch der private Sektor der Dominikanischen Republik setzen nun darauf – und nationale Banken geben neuerdings dafür sogar Kredite, betont der zuständige GIZ-Projektverantwortliche Clemens Findeisen.

Rund zehn Prozent des Energiebedarfs des Landes wurden 2021 aus Wind- und Sonnenenergie gedeckt, rund acht Prozent aus Biomasse und Wasserkraftwerken. Insgesamt 800 Megawatt ist derzeit die installierte Leistung der erneuerbaren Energien in dem rund elf Millionen Menschen zählenden Land.

Präsident Luís Abinader hat als Anhänger der Energiewende seit seinem Amtsantritt im Jahr 2020 Stromkaufverträge für eine installierte Leistung von rund 800 Megawatt aus Sonnenergie mit der Privatwirtschaft unterschrieben. Der Staat hat sich das Ziel gesetzt, dass bis 2030 mindestens 30 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen. Es gibt allerdings noch einige Hürden, wie Energieminister Antonio Almonte im akzente Exklusiv-Interview betont.

Die Endnutzerinnen und -nutzer sind ebenfalls auf den Geschmack gekommen und installieren Solarpanels auf ihren Dächern. Wenig Einwände – auch gegen die Windkraftanlagen – kamen in dem Karibikstaat von Umweltschützer*innen. „Im Gegenteil, sie haben uns sehr unterstützt und die Anlagen besucht“, sagt San Pablo.

Erneuerbare Energien für abgelegene Dörfer

Für abgelegene Dörfer wie Sabana Real an der Grenze zu Haiti ist Strom aus erneuerbaren Energien, der lokal produziert wird, die einzig finanzierbare Lösung. Ein klassischer Anschluss ans nationale Stromnetz wäre zu teuer. Deshalb gab es in dem Ort bisher noch keinen Strom. Doch noch 2022 wird dort im Zuge des Projekts mit der GIZ eine Photovoltaik-Anlage mit Batteriespeicher installiert. Die Anlage funktioniert autonom, abgekoppelt vom staatlichen Stromnetz, und wird künftig von dem dominikanischen Verteilnetzbetreiber EDESUR gewartet und betreut. 250 Dorfbewohner*innen lebten in Sabana Real bisher im Schein von Kerzen und Taschenlampen. In Kürze haben sie rund um die Uhr 100 Prozent sauberen und sicheren Ökostrom.

[Die Reportage „Rückenwind für die Energiewende“ von Sandra Weiss wurde exklusiv für das GIZ-Magazin akzente produziert und ist dort nachzulesen.]

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