18.10.2021

Open-Source-Tool zur Messung der Klimaausrichtung von Finanzportfolios

Börsenkurse auf Anzeigetafel
Das von der IKI unterstützte Tool PACTA ermöglicht es, Finanz- und Unternehmenskreditportfolios stärker an Klimazielen auszurichten. Foto: iStock.com/Nikada

Stehen Unternehmen und Investments im Einklang mit den Pariser Klimazielen? Das von der IKI unterstützte Tool PACTA für Anlegende und Banken ermöglicht es Finanz- und Unternehmenskreditportfolios stärker an Klimazielen auszurichten.

Um den globalen Temperaturanstieg auf unter 1,5 Grad zu begrenzen, hat sich die internationale Staatengemeinschaft in Artikel 2.1.c des Pariser Klimaschutzabkommens das Ziel gesetzt, die Finanzflüsse in Einklang mit einer emissionsarmen und klimaresilienten Entwicklung zu bringen. Doch wie lässt sich messen, ob sich Finanzmärkte auf dem richtigen Weg befinden und welchen Klimarisiken Investmentportfolios ausgesetzt sind?

Einen Ansatz liefert das von der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) unterstützte Paris Agreement Capital Transition Assessment (PACTA). Das Open-Source-Tool ermöglicht es Nutzenden zu prüfen, ob ihre Finanzanlagen wie Anleihen, Kredite oder Aktienportfolios an Klimawandelszenarien ausgerichtet sind. Es unterstützt Investierende dabei, Klimawandelaspekte in ihren Investitionsentscheidungen zu berücksichtigen und fördert klimafreundliche Investitionsstrategien in Schwellen und Entwicklungsländern.  

Die PACTA-Analyse beruht auf einer Bewertung der Finanzportfolios unter Berücksichtigung der Technologiefahrpläne verschiedener Klimawandelszenarien, unter anderem von der Gemeinsamen Forschungsstelle der Europäischen Kommission (JRC) und der Internationalen Energieagentur (IEA). PACTA vergleicht diese mit den Produktionsplänen der im Portfolio enthaltenden Unternehmen für die kommenden fünf Jahre.

Das IKI-Projekt „Lenkung der Finanzströme in Einklang mit Art. 2.1.c des Paris-Abkommens“, das von der 2° Investing Initiative (2DII) durchgeführt wird, hat einen großen Beitrag zur Entwicklung des Tools geleistet. Eine Vielzahl internationaler Partnerinnen und Partner war beteiligt, darunter UN Principles for Responsible Investment (PRI), die Universität Zürich und die Frankfurt School of Finance.

75 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen abgedeckt

Da das Erreichen der globalen Klimaziele stark davon abhängt, wie sich die Sektoren mit den höchsten Emissionen entwickeln, umfasst das Tool sieben Sektoren, die für etwa 75 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich sind: die Stromerzeugung, den Kohlebergbau, die Öl- und Gasförderung, die Automobil-, Stahl- und Zementherstellung sowie die Luftfahrt. Auch der Schiffsverkehr soll demnächst berücksichtigt werden.

Zentral für die Analyse sind die Produktionspläne der Unternehmen sowie ihre physischen Vermögenswerte, wie beispielsweise die installierten und geplanten Kraftwerkskapazitäten im Energiesektor und die Zahl der produzierten Fahrzeuge in der Automobilindustrie.

Den aktuellen Technologiemix und die Produktionspläne der Unternehmen vergleicht PACTA mit den aus den Klimaszenarien abgeleiteten Technologiefahrplänen. Das Tool liefert so etwa Anhaltspunkte, wie umfangreich Unternehmen emissionsintensive Technologien nutzen und ob sie den Einsatz künftig verstärken oder verringern werden. Das Tool kann zudem dazu genutzt werden, um zu identifizieren, welche Unternehmen den größten Einfluss auf ein Portfolio haben, und ob sie sich auf einem guten Weg zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaftsweise befinden. Die Kernfunktionalität wird durch ein Stresstestmodul für Investoren ergänzt, das potenzielle Verluste in möglichen Szenarien offenlegt. 2DII entwickelt zudem ein Stresstestmodul für Banken, das Ende 2021 verfügbar sein wird. Die PACTA-Methoden werden derzeit angepasst, um einen lateinamerikanischen Vermögensverwaltenden bei der Auflegung eines Fonds zu unterstützen, der auf die Ziele des Pariser Abkommens ausgerichtet ist.

Zwei Versionen: für Anlegende und Banken

PACTA steht in zwei Hauptversionen zur Verfügung, die sich an Anlegende wie Pensionsfonds, Versicherungsgesellschaften und Vermögensverwaltende sowie an Banken richten. Das Tool PACTA for Investors ermöglicht die Analyse von Aktien- und Unternehmensanleiheportfolios. PACTA for Banks wurde im September 2020 nach mehr als zwölfmonatiger Testphase in Zusammenarbeit mit 17 Banken eingeführt. Fünf dieser Banken, die als Katowice-Commitment-Banken bekannt sind, haben sich verpflichtet, ihre Portfolios aktiv im Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen zu steuern und sich dabei zum Teil auf PACTA zu stützen. PACTA for Banks ist ein eigenständiges Softwarepaket und Toolkit, mit dem Banken ihre Kreditbücher analysieren können. Das auf nachhaltige Finanzen spezialisierte Unternehmen Asset Resolution stellt als Teil dieses Pakets einen kostenlosen Datensatz zur Verfügung.

Die Analyse eröffnet Anlegenden und Banken vielfältige Handlungsoptionen, um Übergangsrisiken in ihren Portfolios zu vermindern. Nutzende, die zur Minderung der Treibhausgasemissionen beitragen wollen, können Unternehmen identifizieren, deren Geschäftsmodelle sich nicht mit den Klimawandelszenarien vereinbaren lassen. Dies kann im Idealfall wiederum dazu führen, dass diese Unternehmen ihre Emissionen reduzieren.

Einzigartig ist PACTAs Open-Source-Ansatz. Der Programmiercode ist frei verfügbar, die Nutzung ist kostenlos. Die Software lässt sich zudem nicht nur mit dem von Asset Resolution bereitgestellten Datensatz verknüpfen, sondern auch mit anderen Datenquellen.

Erweiterung für einen nachhaltigen Neustart

Im Rahmen des Corona-Response-Pakets unterstützt die IKI das Vorhaben zusätzlich mit einer Million Euro. Dies ermöglicht die Erweiterung des Tools um neue Indikatoren, langfristige Risikomodelle und Widerstandsanalysen. Das Projekt trägt so dazu bei, dass Finanzmärkte und Gesellschaften besser auf globale Krisen wie Pandemien und den Klimawandel reagieren können. Darüber hinaus wurde ein Green Recovery Tracker entwickelt, um zu bewerten, ob Unternehmen ihre Produktion umweltfreundlicher gestalten oder ob es auf den Finanzmärkten Anzeichen für einen nachhaltigen Neustart gibt. So können nun zwei verschiedene Zeitpunkte vor und nach der Pandemie verglichen werden. Dies bietet Informationen darüber, ob es eine grüne Entwicklung der Wirtschaft nach der Covid-19-Krise gibt.

Eine Bilanz, die sich sehen lassen kann

Seit seiner Einführung im Jahr 2018 wurde PACTA for Investors von über 3.000 Personen aus mehr als 90 Ländern und über 1.800 Institutionen genutzt. Im Schnitt wird PACTA jeden Monat auf mehr als 600 Portfolios angewandt: Diese repräsentieren über zwei Milliarden US-Dollar an Investment- und mehr als drei Milliarden US-Dollar an Kreditportfolios. 

Darüber hinaus verwendeten Universitäten, Forschungseinrichtungen und andere Initiativen die Ergebnisse in zahlreichen Arbeiten, wie beispielsweise im Schweizer Meta-Bericht Bridging the Gap, in der Sektoranalyse Changing Gear und in einer Klimaszenarioanalyse von Blackrock namens To What Degree. Die Ergebnisse der PACTA-Analysen und die zugrundeliegenden Daten liefern zudem wichtige Beiträge zur Arbeit von Zusammenschlüssen klimafreundlicher Anlegenden und Nichtregierungsorganisationen wie Climate Action 100+ und des Thinktanks Influence Map.

Im Vorfeld der 26. Klimakonferenz in Glasgow wurden Regierungen und Aufsichtsbehörden zudem dabei unterstützt, die Anpassung der Finanzsektoren in ihren Ländern zu messen und die Risiken des Übergangs zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu analysieren.

Online-Version des PACTA-Tools:

platform.transitionMonitor.com

 

Dieser Beitrag ist Bestandteil des IKI-Jahresberichtes 2020 – Aktiv für den internationalen Klimaschutz. Weitere Informationen finden Sie auf der Sonderseite zum IKI-Jahresbericht 2020.

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