07.03.2016

Interview mit Gotelind Alber, GenderCC: Klimapolitik muss geschlechtsspezifische Benachteiligung abbauen

Frau Gotelind Alber
Gotelind Alber. Foto: Gender CC

Gotelind Alber ist Mitgründerin der Nichtregierungsorganisation GenderCC – Women for Climate Justice e.V., die sich für Gendergerechtigkeit in der Klimapolitik einsetzt. Sie verfügt über langjährige Erfahrung als unabhängige Forscherin und Beraterin zu Themen der Energie- und Klimapolitik, Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien, Multi-Level-Governance, Gender und Klimagerechtigkeit.

Gotelind Alber ist Mitgründerin der Nichtregierungsorganisation GenderCC – Women for Climate Justice e.V., die sich für Gendergerechtigkeit in der Klimapolitik einsetzt. Sie verfügt über langjährige Erfahrung als unabhängige Forscherin und Beraterin zu Themen der Energie- und Klimapolitik, Energieeffizienz und Erneuerbaren Energien, Multi-Level-Governance, Gender und Klimagerechtigkeit.

GenderCC ist die Durchführungsorganisation für das Projekt "Gender Into Urban Climate Change", das vom Bundesumweltministerium über die IKI mit knapp einer Million Euro gefördert wird. In der Vergangenheit wurden die Projekte "Gender-Gerechtigkeit in der Klimadebatte", durchgeführt von Life e.V. in Kooperation mit GenderCC, und "Integration von Genderaspekten bei der Anpassung an den Klimawandel und der kohlenstoffarmen Entwicklung", durchgeführt von Gender CC mit 132.500 bzw. 452.000 Euro durch die IKI finanziell unterstützt.

Welche Rolle spielt Gender beim Klimawandel und der internationalen Klimapolitik?

Effektive Klimapolitik muss ihre Zielgruppen kennen und sie entsprechend ihrer spezifischen Betroffenheit durch den Klimawandel, ihrer Einstellungen und Handlungsmöglichkeiten ansprechen. Dabei spielt besonders das Geschlecht eine Rolle, neben anderen sozialen Differenzierungen.
Nachgewiesen ist die Geschlechterdimension vor allem bei der Vulnerabilität und Anpassung an den Klimawandel, aber auch in vielen Bereichen des Klimaschutzes, etwa Mobilität, Konsumverhalten, oder generell bei den Präferenzen für bestimmte Strategien oder Technologien, die sich bei Frauen und Männern zum Teil stark unterscheiden.
In der internationalen Klimapolitik ist Gender mittlerweile als wichtiges Thema anerkannt und verankert, zum Beispiel durch das letzten Dezember verabschiedete Lima Work Programme zu Gender. Es zielt nicht nur auf die besser ausbalancierte Beteiligung von Frauen und Männern ab, sondern auch auf einen umfassenden geschlechtergerechten Ansatz, sowohl im Bereich Vulnerabilität und Anpassung, als auch im Klimaschutz und bei Entwicklung und Transfer von Technologien.

Wie können Initiativen, die sich auf nationaler und internationaler Ebene mit dem Thema Gender und Klimawandel beschäftigen, gestärkt werden?

Vor allem durch eine Projektförderung, die auf die Integration von Geschlechtergerechtigkeit Wert legt. Für den Green Climate Fund zum Beispiel wurde von vorneherein festgeschrieben, dass er Gender einbeziehen muss. Noch ist dies allerdings nicht hinreichend in der Praxis verankert.
Genderexpert/innen haben aber bereits Vorschläge erarbeitet, wie Arbeitsabläufe und Richtlinien gestaltet werden sollten, um eine geschlechtergerechte Beteiligung an Entscheidungen und eine gerechte Verteilung des Nutzens der Förderung zu gewährleisten.
Für IKI wäre solch eine Debatte ebenfalls wünschenswert. Zum Beispiel sollten aus unserer Sicht Kriterien festgelegt werden, um Geschlechteraspekte bei der Bewertung von Projektvorschlägen zu berücksichtigen.

Was genau verstehen Sie unter Geschlechtergerechtigkeit in der Klimapolitik?

Es geht zunächst darum, zu verhindern, dass Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts durch Klimawandel und Klimapolitik verstärkt werden. Die Klimapolitik sollte so gestaltet werden, dass sie dazu beiträgt, diese Benachteiligungen abzubauen. Und letztlich geht es um eine Transformation hin zu einer emissionsarmen, resilienten, inklusiven, sozial und geschlechtergerechten Gesellschaft.

Wurden Ihre Erwartungen an die COP21 erfüllt? Was sind Ihre zukünftigen Ansprüche an die europäische und deutsche Politik?

Es war enorm wichtig, dass überhaupt eine Einigung erreicht werden konnte, allerdings ist das Abkommen in seiner jetzigen Form mit Blick auf das zu erreichende Ziel noch ungenügend. Auch bei der Verankerung von Menschenrechten, sozialer und Geschlechtergerechtigkeit hat es deutliche Schwächen. Gegen Ende der Verhandlungen werden solche Aspekte in der Hitze des Gefechts häufig preisgegeben, leider auch von der europäischen Politik.
Zu unseren Ansprüchen an die europäische und nationale Politik: In der internationalen Zusammenarbeit ist die Genderthematik bereits bekannt und weitgehend anerkannt. Hier muss Geschlechtergerechtigkeit der Klimapolitik verankert werden und die Umsetzung von gendersensiblen Programmen und Projekten konsequent umgesetzt werden.
In der nationalen Politik sind wir leider noch nicht soweit, hier ist auf allen Ebenen noch viel Aufklärungsarbeit über den Zusammenhang zwischen Gender und Klima erforderlich. Letztlich wollen wir erreichen, dass Prioritäten und Maßnahmen auf ihre Genderrelevanz überprüft und gegebenenfalls modifiziert werden. Dabei geht es zum Beispiel darum, ob man den unterschiedlichen Präferenzen von Frauen und Männern gerecht wird, wem Fördermittel zugutekommen, oder inwieweit Frauen und Männer gleichermaßen von neu geschaffenen Jobs profitieren.

Wie können Frauen vor Ort Kohlenstoffausstoß mindern und zu nachhaltiger Entwicklung anregen?

Im Prinzip natürlich genauso wie Männer, falls sie das Geld dafür haben, zum Beispiel für neue energiesparende Geräte oder eine Solaranlage. In den meisten Gesellschaften fällt die Familien- und Versorgungsarbeit auf die Frauen, auch in Gesellschaften mit einem hohen Grad an Gleichberechtigung. Insofern spielen für die spezifischen Möglichkeiten der Emissionsminderung im Haushalt die Frauen in der Regel eine besondere Rolle, und deshalb müssen sie an der Gestaltung und Umsetzung der Klimapolitik entsprechend beteiligt werden. Frauen sind, das zeigen zahlreiche Studien, in der Regel bereits umweltbewusster als Männer und eher bereit, ihr Verhalten zu ändern. Männer haben hier also häufig einen Nachholbedarf. Dies muss die Klimapolitik berücksichtigen und Maßnahmen so priorisieren und gestalten, dass sie die Einstellungen, Bedürfnisse und Handlungsmöglichkeiten von Männern und Frauen berücksichtigt und geschlechtsspezifische Benachteiligung abbaut anstatt verstärkt.

Wo setzt das Projekt von GenderCC an?

In Städten, die zunehmend klimapolitisch aktiv werden. Geschlechteraspekte sind auf lokaler Ebene besonders deutlich, werden aber bisher noch kaum explizit in die kommunalen Klimaschutz- und Anpassungsstrategien einbezogen.

Wieso wurden die Partnerländer Indien, Indonesien, Südafrika gewählt?

Das hat mehrere Gründe: Zum einen sind dies Länder, in denen kommunales Engagement in der Klimapolitik von den nationalen Regierungen gefordert und gefördert wird, sowohl in Richtung Anpassung als auch Minderung von Treibhausgasemissionen. Zum zweiten sind es wichtige Länder, die ein großes Replikationspotenzial im jeweiligen Land und darüber hinaus auch Ausstrahlung auf andere Länder bieten. Zum dritten verfügen wir in allen drei Ländern über starke Partnerorganisationen, die in einigen Feldern bereits klimapolitische Erfahrung mitbringen.

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