27.09.2022

Inklusive grüne Finanzierung für Frauen in Ecuador

Angelita Guamán hält zwei Babaco-Früchte in den Händen
Angelita Guamán mit ihrer wertvollsten Kulturpflanze, der Babaco, auch bekannt als Bergpapaya.

Die IKI unterstützte Leitlinien, die das Engagement für soziale und ökologische Verantwortung im volkswirtschaftlichen und solidarischen Finanzsystem fördern.

„Als meine Zwillingstöchter noch zur Schule gingen, standen sie jeden Morgen um drei Uhr auf, um die Ställe auszumisten. Als sie die Schule abgeschlossen hatten und studieren wollten, konnten wir die Tiere verkaufen, um so ihr Studium zu finanzieren“, erzählt Angelita Guamán, alleinerziehende Mutter von drei Kindern.

Guamán betreibt in Ecuador einen Bauernhof auf dem Land. Dank einer Finanzierungsvereinbarung mit der Cooperativa de Ahorro y Credito Mujeres Unidas (CACMU) baut sie Frucht- und Gewürzpflanzen an und züchtet Schweine, Enten, Hühner und Meerschweinchen. Ihre Lieblingspflanze ist jedoch die Babaco, auch Berg-Papaya genannt, die in der Regel etwa zehn Monate nach der Aussaat Früchte trägt und mit den großen Höhenlagen Ecuadors gut zurechtkommt.

„Die Mitgliedschaft in der Genossenschaft hilft mir sehr, denn so kann ich mein Darlehen alle drei oder sechs Monate zurückzuzahlen, anstatt monatlich, was ich nicht schaffen würde. Es ist schlicht nicht möglich, das Feld zu säen und den Ertrag innerhalb eines Monats zu ernten“, so Guamán.

Finanzierungsvereinbarung, die zur Landwirtschaft passt

Die lange Keim- und Reifezeit der Babaco-Bäume ist einer der Gründe, warum Guamán die CACMU für ihr prinzipienbasiertes Mikrokreditsystem schätzt.

„Guamán ist genau die Art von Person, die wir ansprechen wollen. Im traditionellen Bankwesen wäre es für sie ziemlich schwierig gewesen, einen Kredit für ihre Geschäftstätigkeit zu bekommen“, sagt Jeaneth Chavez, stellvertretende Geschäftsführerin von CACMU. Laut Chavez hat die Superintendencia de Economia Popular y Solidaria (SEPS) eine entscheidende Rolle dabei gespielt, dass die Genossenschaften Kleinstunternehmerinnen und -unternehmern wie Guamán helfen können.

Die SEPS beaufsichtigt Ecuadors Spar- und Kreditgenossenschaften, Immobiliengenossenschaften, Vereine und andere Bereiche der „Solidarwirtschaft“ des Landes. Die Regulierungsbehörde stützt sich auf vier Säulen: Regulierung, Aufsicht, Koordinierung der Interessengruppen und Entscheidungsfindung, Transparenz und Stärkung der finanziellen Eingliederung. 

„Es ist so bewundernswert, was eine alleinstehende Frau leisten kann, denn einen Bauernhof zu führen ist ziemlich schwer“, meint Chavez anerkennend. „Sie hat das alles erreicht, weil sie unterstützt und gefördert wurde. Deshalb ist es wichtig, dass die Aufsichtsbehörde genau diese Menschen erreicht.“

Als Mitglied der AFI-Arbeitsgruppe für eine inklusive grüne Finanzierung setzt sich die SEPS innerhalb des Netzwerks für nachhaltige Finanzen ein und hat seit 2019 acht Maya-Erklärungen im Bereich der finanziellen Inklusion abgegeben. Anfang dieses Jahres hat die Aufsichtsbehörde Leitlinien für ökologisches und soziales Risikomanagement (ESRM) eingeführt, die darauf abzielen, die finanzielle Eingliederung im Sektor der Kreditgenossenschaften zu fördern. Die Leitlinien bringen das Land auch der Erfüllung seiner nationalen Klimazusagen im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommen ein Stück näher.

Engagement für soziale und ökologische Verantwortung im Finanzsystem

„Durch die ESRM-Leitlinien lassen sich mögliche Umweltrisiken in den Kreditportfolios identifizieren, kategorisieren, überwachen und bewerten und so eine Kultur und ein Engagement für soziale und ökologische Verantwortung im Finanzsystem fördern“, erklärte Hernández, einer der Aufsichtsbeamten.

Die mit Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen aus dem Netzwerk und einem AFI-Zuschuss entwickelten Leitlinien zielen darauf ab, ökologische und soziale Risiken, die sich aus Kreditentscheidungen ergeben, zu begrenzen und die grüne Finanzierung im Land weiter zu stärken. Die Leitlinien fördern das Engagement für soziale und ökologische Verantwortung im volkswirtschaftlichen und solidarischen Finanzsystem und bieten eine Absicherung gegen Kreditentscheidungen, die negative ökologische oder soziale Auswirkungen haben könnten.

„Die Kundinnen und Kunden des Finanzsystems müssen geschützt werden. Wir müssen uns bemühen, die finanzielle Eingliederung und die Gleichstellung der Geschlechter als Hauptbestandteile unserer Regulierung zu gewährleisten. Wir wollen nicht nur den richtigen Umgang mit Krediten unterstützen, sondern auch sicherstellen, dass Genossenschaften prinzipienorientiert bleiben“, betont Dr. Hernández.

Mit einem Portfolio von rund 31 Millionen US-Dollar bietet die Genossenschaft CACMU Finanzierungen für alle Kreditsegmente an, wobei der Schwerpunkt auf Mikrokrediten und Kleinstunternehmen liegt. Die CACMU besteht aus rund 30.000 Partnern, von denen 63 Prozent Frauen sind. Die Genossenschaft unterrichtet ihre Mitglieder auch in der Erstellung von Geschäftsplänen und führt andere Programme zur Vermittlung von Finanzwissen durch Laut Chavez von der CACMU besteht die Hauptaufgabe der Genossenschaft darin, dass Frauen nicht nur finanziell unabhängig sind, sondern auch gesellschaftlich erfolgreich sind.

„Durch den Kredit von der Genossenschaft konnte ich den Hof aufbauen und weiter ausbauen, da ich dafür nun die nötigen Mittel zur Verfügung hatte“, erklärt Guamán.

Genossenschaftskredit hilft bei COVID-19

Frauen, die häufig unverhältnismäßig stark von Naturkatastrophen und den zunehmenden Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, waren auch von der weltweiten Pandemie stärker betroffen als Männer. Während Frauen etwa 39 Prozent der Beschäftigten insgesamt ausmachen, haben Studien gezeigt, dass sie im Verlauf der COVID-19-Pandemie 54 Prozent der gesamten Arbeitsplatzverluste zu hinnehmen mussten. Trotz dieser entscheidenden Gefährdung darf man nicht vergessen, dass Frauen wichtige Akteurinnen des Wandels sind, wenn es um den Klimaschutz und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels geht.

„Angesichts der zusätzlichen Armut, der Arbeitslosigkeit und der Auswirkungen von COVID-19 halten wir es für notwendig, den wirtschaftlichen Aufschwung des Agrarsektors zu unterstützen, der ökologische Verantwortung und finanzielle Eingliederung unter Berücksichtigung der Geschlechterperspektive einschließt“, erklärte Dr. Hernández und fügte hinzu, dass die sozialen und volkswirtschaftlichen Sektoren aufgrund ihrer gemeinschaftszentrierten Prinzipien zu den wichtigsten strategischen Akteurinnen und Akteuren der Aufsichtsbehörde werden.

„Verbraucherschutz unter Berücksichtigung der Geschlechterperspektive kann die finanzielle Eingliederung im Genossenschaftssektor in Ecuador stärken“, so Dr. Hernández weiter.

Die Tatsache, dass die Familie Guamán ihren Bauernhof hat und sich auf ihn verlassen kann, hat der Familie auch während des Höhepunkts der COVID-19-Pandemie eine gewisse Resilienz verliehen. „Die Folgen der Pandemie haben wir zwar auch auf dem Bauernhof gespürt, aber die Tiere waren eine besonders große Hilfe. Wir konnten unsere Produkte nicht auf dem Markt verkaufen, aber die Leute kamen auf den Hof und kauften die Produkte stattdessen direkt dort“, erzählte Guamán.

Durch die Verknüpfung eines Regulierungsbedarfs und gezielter Strategien zur finanziellen Eingliederung hilft die inklusive grüne Finanzierung Ecuador dabei, nicht nur ökologische, sondern auch sozioökonomische Chancen für eine größere finanzielle Stabilität und eine nachhaltigere Zukunft zu nutzen, in der niemand zurückgelassen wird. Die AFI-Arbeitsgruppe für eine inklusive grüne Finanzierung (IGFWG), in der der SEPS Mitglied ist, umfasst derzeit 59 Mitglieder aus 52 Ländern und hat bereits elf politische Änderungen bewirkt. Die Arbeitsgruppe hat zudem acht Wissensprodukte erstellt.

„Mein Sohn ist jetzt zwölf Jahre alt. Ich habe nun die Chance, mit seiner Ausbildung genauso weiterzumachen“, freut sich Guamán.

 

Von Majidah Hashim, Communications Manager für Inclusive Green Finance & Gender Inclusive Finance, AFI

Dieser Beitrag erschien als erstes auf www.afi-global.org

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