05.11.2022

Geschlechtergerechtigkeit für wirksame Klima- und Biodiversitätsprojekte

Zwei Frauen zwischen Kaffeepflanzen

Die Internationale Klimaschutzinitiative (IKI) stellte im Jahr 2021 ihre Genderstrategie vor. Sie soll dazu beitragen, die Potenziale aller Beteiligten zu nutzen und so einen Beitrag zur gesellschaftlichen  Transformation leisten.

Die Auswirkungen des Klimawandels und der Verlust der biologischen Vielfalt beeinflussen alle Länder, Gesellschaften und Ökosysteme. Die Verwundbarkeit der Menschen gegenüber dieser Entwicklung hängt unter anderem von sozioökonomischen, demografischen und gesellschaftlichen Faktoren ab. Das Geschlecht (Gender) wirkt sich hier sowohl auf den Grad der Betroffenheit von den Folgen des Klimawandels und dem Verlust der biologischen Vielfalt als auch auf unterschiedliche Perspektiven und Kenntnisse zu ihrer Bewältigung stark aus.

Biodiversitätsschutz mit indigenem und lokalem Wissen verbinden

Zwei Frauen pflanzen Bäume
Zwei Indigene pflanzen Bäume in Peru.

Häufig orientiert sich die Nutzung von Ökosystemleistungen, wie beispielsweise das Sammeln von Brennholz oder Waldfrüchten oder die Fischerei, an bestehenden Geschlechterrollen. Mit diesen unterschiedlichen Nutzungsarten ist auch ein differenziertes, lokal spezifisches Wissen zu den Ressourcen verbunden. Dies kann beispielsweise die Heilwirkung oder das Vorkommen von bestimmten Pflanzenarten betreffen. Dieses Wissen ist essenziell für effektive Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt. Die Nichtbeachtung kann dazu führen, dass Biodiversitätsschutzmaßnahmen nicht ausreichen oder gar Gruppen von der Nutzung von natürlichen Ressourcen unbeabsichtigt ausgeschlossen werden.

Ein Beispiel aus dem Nordwesten Kolumbiens zeigt zudem einen weiteren Aspekt. In diesem Gebiet leben indigene und afrokolumbianische Gruppen, in deren Gemeinschaften Frauen eine herausgehobene Rolle als Wissensträgerinnen für den Anbau von Nahrungsmitteln und Pflanzen spielen. Ihre Kenntnisse und Fähigkeiten sind essenziell, um eine nachhaltige Landnutzungsplanung sicherzustellen und auch die Widerstandsfähigkeit gegenüber Folgen des Klimawandels für die lokalen Gemeinschaften zu erhöhen. In diesen indigenen Gemeinschaften werden Frauen darin gestärkt, sich an Entscheidungsprozessen über die Nutzung von natürlichen Ressourcen zu beteiligen, was den langfristigen Schutz der lokalen Biodiversität sicherstellt.

Nachhaltige Mobilität: Minderung von Treibhausgasen und soziale Gerechtigkeit verbinden

Frau fährt ein E-Lastenrad
Ein IKI-Projekt baut in Ghana die lokale Produktion von Elektro-Lastenrädern auf.

Sozioökonomische, demografische und gesellschaftliche Faktoren sind zugleich entscheidend dafür, wie die Menschen das Klima und die biologische Vielfalt verändern. Sie beeinflussen beispielweise die Art der Nutzung natürlicher Ressourcen, den Zugang zu ihnen und die Höhe der erzeugten Emissionen. Deshalb müssen auch Klimaschutzmaßnahmen so ausgerichtet sein, dass sie möglichst vielfältige Perspektiven berücksichtigen – dazu gehören unter anderem Genderaspekte.

Nachhaltige Mobilitätskonzepte sollen die Emissionen im Verkehrssektor mindern. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) spielt dabei eine wichtige Rolle. Doch es reicht nicht aus, Busse oder Bahnen häufiger fahren zu lassen oder neue Strecken einzurichten.

Denn: Wie das Beispiel Indien zeigt, ist die Nutzung von und der Zugang zu unterschiedlichen Verkehrsmitteln nicht geschlechterneutral. Frauen nutzen häufiger öffentliche Verkehrsmittel als Männer und erledigen viele Distanzen zu Fuß. Dies gilt umso mehr bei ärmeren Bevölkerungsgruppen. Männer hingegen fahren vor allem in höheren Einkommensklassen öfter mit dem Auto als Frauen.

Für Frauen oder Menschen aus der LGBTIQ*-Community ist die Fahrt in Bussen oder Bahnen jedoch deutlich unsicherer als für Männer, da sie dort häufiger Diskriminierung und sexueller Belästigung ausgesetzt sind. Sicherheit ist deshalb ein wichtiges Element bei der Entscheidung für oder gegen bestimmte Verkehrsmittel. Dies hat unter anderem zur Folge, dass sich Frauen gegen besser bezahlte Arbeitsmöglichkeiten entscheiden, wenn diese mit einem unsicheren Arbeitsweg verbunden sind.

Soll es also gelingen, den ÖPNV als Angebot für nachhaltige Mobilität auszubauen, müssen mindestens Frauen als vulnerable Gruppen in die Planung miteinbezogen und Maßnahmen für die Nutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln sensibilisiert werden. Durch eine sichere Nutzung des ÖPNV durch alle Gruppen können Emissionen verringert und das Bewusstsein für nachhaltige Mobilität gefördert werden.

Klimawandel, Biodiversitätsverlust und Gender

Zusammenfassend finden sich Wechselwirkungen zwischen den negativen Auswirkungen des Klimawandels und des Biodiversitätsverlusts sowie Geschlechterrollen und -normen unter anderem in folgenden Bereichen:

Beitrag zum Klimawandel und dem Verlust der biologischen Vielfalt: Die Aufgabenteilung zwischen den Geschlechtern wirkt sich auf die Nutzung natürlicher Ressourcen und damit auch auf das Klima und die biologische Vielfalt aus.

Betroffenheit: Frauen und andere marginalisierte Gruppen sind stärker von den Auswirkungen des Klimawandels und des Verlustes der biologischen Vielfalt betroffen. So spielen Frauen in den meisten Ländern eine zentrale Rolle in der Subsistenzlandwirtschaft. Ihre Erfahrungen im Umgang mit Folgen des Klimawandels, wie beispielsweise Hitzewellen oder Wasserknappheit, können helfen, geeignete Anpassungsmaßnahmen zu entwerfen.

Zugang zu Entscheidungen: Geschlechtsspezifische Perspektiven von Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträgern führen häufig zu verschiedenen Politik- oder Managementansätzen. Nur vielfältige Ansätze können den Schutz des Klimas und der biologischen Vielfalt vorantreiben. Frauen, nichtbinären, inter* und trans* Personen fehlt allerdings oft der Zugang zu Positionen und Institutionen, um diese Perspektiven einzubringen.

Die Genderstrategie der IKI

Um an einer globalen gesellschaftlichen Transformation hin zum Schutz des Klimas und der biologischen Vielfalt mitzuwirken, ist das Erreichen von Geschlechtergerechtigkeit für die IKI ein zentraler Faktor.

Seit 2017 bestehen in der IKI erste Ansätze, die Auswirkungen der IKI-Projektarbeit auf Geschlechterverhältnisse systematisch zu betrachten. Mit der IKI-Genderstrategie gibt es seit November 2021 einen übergreifenden Rahmen zur Förderung der Geschlechtergerechtigkeit, der auf der 26. Weltklimakonferenz in Glasgow auf großer Bühne vorgestellt wurde. IKI-Projekte sollen so ausgerichtet werden, dass geschlechterbasierte Benachteiligung und Diskriminierung abgebaut werden. Durch eine gezielte Berücksichtigung der kontextspezifischen Geschlechterverhältnisse soll ein besserer Beitrag zum Schutz des Klimas und der Biodiversität geleistet werden.

Ziel der IKI-Genderstrategie ist es, in Zukunft durch die Integration von entsprechenden Maßnahmen in Projekten der internationalen Klima- und Biodiversitätszusammenarbeit zu einer geschlechtergerechten Gesellschaft beizutragen und die Einhaltung von Mindeststandards zur Beachtung von Geschlechteraspekten einzufordern. Für die Umsetzung definiert die IKI-Genderstrategie die folgenden fünf Aktionsfelder:

  1. Governance, Geltungsbereich und Rechenschaftslegung
  2. Vorgaben an Durchführungsorganisationen und Anpassung von Prozessen
  3. Genderkompetenz (intern und extern)
  4. Wissensmanagement und Kommunikation
  5. Ressourcen und Budget

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Kontakt

IKI Office
Zukunft – Umwelt – Gesellschaft (ZUG) gGmbH
Stresemannstraße 69-71

10963 Berlin

iki-office@z-u-g.org

IKI-Genderstrategie

Illustration mit Menschen

Die IKI-Genderstrategie bietet einen übergreifenden Rahmen, um Gendergerechtigkeit in der IKI als Faktor auf Projekt- und Programmebene zu integrieren.

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Gender-Helpdesk

IKI-Gender-Team

IKI-Gender@z-u-g.org

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