29.05.2019

Biodiversität: 5 Tipps für mehr Aufmerksamkeit

Foto: ©Jason Houston/Rare
Foto: ©Jason Houston/Rare

Der internationale Tag der biologischen Vielfalt, der am 22. Mai stattfand, wurde weltweit von vielen Projekten und Partnern der IKI beachtet und gefeiert. RARE hat diese Gelegenheit genutzt, um fünf Tipps zu teilen, mit denen man mehr Aufmerksamkeit für Themen im Zusammenhang mit der biologischen Vielfalt erreichen kann.

Die biologische Vielfalt lässt sich oft nur schwer eingrenzen: Das Thema "Biodiversität" erscheint stets entweder zu klein oder zu groß und entzieht sich dadurch einer einfachen Vermittlung. Zu klein, wenn man die unzähligen winzigen Bestandteile bedenkt, aus denen sich unsere Umwelt zusammensetzt und die für uns oft nicht einmal wahrnehmbar sind. Zu groß, denn mit biologischer Vielfalt ist nichts Geringeres als die "Vielfalt und Veränderlichkeit allen Lebens auf der Erde" gemeint.

Doch die Uhr tickt: Aus einem neuen UN-Bericht geht hervor, dass Spezies aller Art mit einer Geschwindigkeit verloren gehen, die "zehn bis hundert Mal höher ist als im Durchschnitt der letzten 10 Millionen Jahre". Im Gegensatz zu den Massenaussterben in der geologischen Vergangenheit wird dieses Artensterben von einer einzigen Spezies verursacht: dem Menschen. Viele Ursachen dieses neuen Artensterbens lassen sich darauf zurückführen, wie wir unsere Nahrung anbauen und welche Lebensmittel wir in welcher Menge konsumieren.

In weniger als zwei Jahren werden die Staats- und Regierungschefs der Welt in China zur Vertragsstaatenkonferenz des Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) zusammenkommen, um sich auf einen neuen Rahmen zu einigen, der Orientierung für die globalen Maßnahmen zum Schutz der Natur, zur Erhaltung der Arten und zur nachhaltigen Ressourcennutzung bieten soll. Aber ohne breite öffentliche Unterstützung und eine hohe Motivation für eine grundlegende Änderung unseres Umgangs mit Ressourcen wird jeder politische Rahmen seine Ziele verfehlen.

Noch nie war es so wichtig, die Dringlichkeit des Schutzes der biologischen Vielfalt überzeugend zu kommunizieren. Ausgehend von den verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnissen und der Erfahrung auf dem Gebiet des sozialen Marketings von Rare (einem der IKI Durchführungsorganisationen) möchten wir unser Wissen darüber teilen, wie sich ökologische Inhalte auf den Punkt zu bringen lassen. Dabei greifen wir auch auf die Ergebnisse eines globalen Wettbewerbs zurück, der 338 Lösungen für nachhaltige Landwirtschafts- und Landnutzungsverfahren sowie Schulungen hervorgebracht und dadurch 200 lokale Changemaker auf der ganzen Welt dazu befähigt hat, die sozialen und ökologischen Herausforderungen in ihren Gemeinden anzugehen.

1. Lösungen in den Mittelpunkt stellen

Verschiedene Menschen verstehen unter biologischer Vielfalt unterschiedliche Dinge. Das rasante Fortschreiten des Artensterbens oder die unmittelbare Gefahr für eine bestimmte Art können die Menschen kurzfristig zum Handeln motivieren. Es ist jedoch unwahrscheinlich, dass diese Motivation sich langfristig aufrechterhalten lässt. Das Gehirn beschäftigt sich nur ungern mit negativen Gefühlen. Vor zehn Jahren zeigte eine Studie zur Verbraucherpsychologie, dass Stolz viel stärker motiviert als Schamgefühle. Im Jahr 2018 kam ein von der Princeton University geleitetes Forschungsvorhaben zu dem Schluss, dass dieselbe Erkenntnis auch für Umweltentscheidungen gilt. Der Stolz auf die vielen Spezies und Besonderheiten, die unsere Ökosysteme einzigartig machen, ist ein mächtiges Kommunikationsmittel. Aber wie können wir dieses Wissen auf globaler Ebene anwenden, wenn der Wert, den Natur und Tiere für uns haben, sich von Ort zu Ort unterscheidet? Tipp Nr. 2 hält des Rätsels Lösung parat...

2. Lokales Wissen nutzen

Das Schöne an einem Bottom-up-Ansatz für Kampagnen ist, dass man nie aufhört, zu lernen. Von der lokalen Bevölkerung geleitete Forschungsprojekte und Fokusgruppentests sind wirkungsvolle Mittel zur Korrektur von falschen Annahmen und Vorurteilen über die tatsächliche Situation vor Ort. Rare hat mit der Wildlife Conservation Society zusammengearbeitet, um Tiger und ihre Beutetiere in Laos zu schützen. Zu diesem Zeitpunkt handelte es sich um die letzte bekannte Population Indochinesischer Tiger östlich des Mekong. Bevor sie die Einstellungen, Normen und Werte der Gemeinschaft erforscht und getestet haben, gingen die internationalen Partner davon aus, dass eine auf dem vermeintlich charismatischen Tiger aufbauende Kampagne die Menschen dazu bewegen würde, auf das Aufstellen von Fallen zu verzichten. Es stellte sich jedoch heraus, dass die Tiger der Bevölkerung nicht sonderlich am Herzen lagen - schließlich würde sie den Großkatzen idealerweise nie begegnen. Eine Spezies, der in der Gemeinschaft eine große Bedeutung zukommt, ist dagegen der Indische Muntjak, eine Hirschart. Der Muntjak erscheint Außenstehenden zwar weniger charismatisch, wird von den Mitgliedern der Gemeinschaft aber sehr geschätzt und wurde zum beliebten Maskottchen des Reservats. So konnte ein Fallenverbot durchgesetzt werden, das letztendlich auch dem Tiger zugutekam.

3. Erfolge feiern

Untersuchungen

zeigen, dass der Wendepunkt für die großflächige Einführung einer bestimmen Handlungsweise erreicht ist, wenn 20-30 % einer Gruppe diese übernehmen. Deshalb arbeiten wir mit Changemakern zusammen, die bereits erfolgreiche Lösungen umgesetzt haben und das Vertrauen ihrer Gemeinden genießen. In Kenia ist dies zum Beispiel David Mwangi mit seinem Manor House Agricultural Center. Auf dem üppig bewachsenen Land des Modellbauernhofs hat Manor House Pionierarbeit bei landwirtschaftlichen Methoden geleistet, mit denen die Produktion etwa um das Vierfache gesteigert werden konnte - bei einer Verringerung des Einsatzes von externen Ressourcen. Nach einer mit David und Manor House konzipierten Kampagne hat sich die Nachfrage nach Schulungen für Kleinbauern verdreifacht - so wurde Manor House nach fünf Jahren erstmals unabhängig von der Geberfinanzierung

4. Lassen Sie andere zu Wort kommen

Mit der Förderung eines verantwortungsvolleren Umgangs mit unseren natürlichen Ressourcen ist es wie mit dem Networking auf einer Cocktailparty: Lassen Sie auch andere zu Wort kommen. Ein Anfang des Jahres veröffentlichter Zeitschriftenartikel zeigt, dass von allen Faktoren, die die Akzeptanz gegenüber neuen Verhaltensweisen beeinflussen, zwischenmenschliche Kommunikation die größte Wirkung entfaltet. Anstatt das Gespräch selbst voranzutreiben, sollten Kommunikatoren bei Themen der biologischen Vielfalt also die Diskussion innerhalb ihrer Zielgruppe anregen. Das kann heißen, buchstäblich dieselbe Sprache wie Ihr Publikum zu sprechen: In der mexikanischen Bundesstaat Chiapas arbeitet unser Partner Noe von CISERP A.C. gerade an seinen ersten Comic. Die Geschichte erklärt mit viel Humor und Kreativität die Grundlagen der Erhaltung der Saatgutvielfalt. Es handelt sich dabei auch um eine der wenigen Publikationen, die hauptsächlich in Tzotzil verfasst sind, einer indigenen Sprache, die von 400.000 Menschen gesprochen wird. In Bolivien half ein angesehener lokaler Künstler bei der Gestaltung eines Wandbildes, das die Menschen dazu anregt, einheimische Nahrungsmittel anstelle von importiertem Fastfood zu essen.

5. Die praktischste Lösung für die Umsetzung finden

Die Anzahl der Umweltprobleme, denen wir heute gegenüber stehen - Überfischung, Entwaldung, Plastikabfälle, Klimawandel - ist überwältigend. Menschen mit zu vielen Lösungen zu konfrontieren, kann allerdings ebenso eine Überforderung darstellen. Mitunter führt dies dazu, dass die von Psychologen und Marketing-Experten als "Decision Fatigue" (Entscheidungsmüdigkeit) und "Choice Overload" (Auswahl-Paradoxon) bezeichneten Phänomene einsetzen. Um diese Hürde zu überwinden, müssen wir für die Umsetzung eine Lösung finden, die sehr praxisnah ist, und zugleich die wichtigsten Wirkungen erzielen, idealerweise einschließlich Querschnitts- und Welleneffekten. Beispiele für solche Lösungen sind etwa praxisorientierte Ansätze wie die Förderung von Ackerbau ohne Bodenbearbeitung und klimabeständige Nutzpflanzen in erdrutschgefährdeten Gebieten in Nepal sowie strategische politische Veränderungen wie die Einführung von Rechtsvorschriften zur Förderung einer nachhaltigen Ressourcennutzung in Küstengemeinden. Um Näheres darüber zu erfahren, was wo und wie und mit wem funktioniert: siehe Tipps 1 bis 4.

Die oben genannten Beispiele stammen aus dem Center for Behavior & The Environment und der globalen Initiative Farming for Biodiversity von Rare. Farming for Biodiversity ist Teil der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) und wird gemeinsam mit IFOAM - Organics International and the Convention on Biological Diversity (CBD) realisiert. Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) fördert diese Initiative auf der Grundlage einer Entscheidung des Deutschen Bundestages.

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Kontakt

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Stresemannstraße 69-71

10963 Berlin

iki-office@z-u-g.org

 

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