15.02.2016

Asiatische Shrimp-Züchter erwecken den "Mangroven-Supermarkt" zu neuem Leben

Wie die IKI die Umstellung auf eine ökologische Shrimp-Produktion in Thailand unterstützt, um die Zerstörung von Mangrovenwäldern und empfindlichen Ökosystemen aufzuhalten.

Ein Mann zeigt auf Bäume.Surakit Laeaddee geht über die schmalen Erddämme, die seine ökologischen Shrimp- und Fischteiche voneinander trennen, bleibt im Schatten eines vor kurzem gepflanzten Baums stehen und zeigt auf die üppigen Mangroven am Rande seines Zuchtbetriebs. Laeaddee hat auf einem Fünftel seiner 10 Hektar gerade so viele Bäume gepflanzt, dass sie die Teiche kühlen und die Qualität von Boden und Wasser verbessern. Zu viele Bäume wären eine Einladung für Vögel, die es auf die Shrimps und Fische in den Teichen abgesehen haben. Seine Art der Anpflanzung wiederum fördert die Gesundheit und damit die Reproduktions- und Überlebensrate seiner Garnelen und Fische.

"Ich hoffe, dass die Menschen erkennen, wie wichtig es ist, Bäume anzupflanzen und das Ökosystem zu schützen, um nachhaltig Meeresfrüchte züchten und die Erosion der Küste aufhalten zu können", erklärt er mit Blick auf den Golf von Thailand, der durch die Küstenerosion immer näher gerückt ist.

Zwei Männer.Seit den 1980er-Jahren hat der Aufschwung in der Shrimp-Produktion weltweit zum Rückgang von Mangrovenwäldern geführt. Diese Entwicklung hat ein wichtiges Ökosystem für die Kohlenstoffspeicherung zerstört, den Ausstoß von klimaschädlichem CO2 beschleunigt und dazu geführt, dass Küsten sowie deren Bewohner Sturmhochwassern und Erosion schutzlos ausgeliefert sind.
Inzwischen hat die wachsende Nachfrage nach ökologisch erzeugten Lebensmitteln das Interesse an Shrimp-Farmen wie der von Laeaddee steigen lassen, weil diese Betriebe den Verlust von Mangrovenwäldern aufhalten können und dafür sorgen, dass Flächen, auf denen schon lange keine Bäume mehr stehen, wieder aufgeforstet werden.

Das Projekt "Ökosystembasierte Anpassung durch Aufforstung und nachhaltige Nutzung von Mangrovenwäldern" (Mangrovenwälder und Märkte) wird im Rahmen der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) gefördert. Das Finanzierungsvolumen von deutscher Seite beträgt ca. 1,5 Millionen Euro; umgesetzt wird das Projekt von der International Union for Conservation of Nature (IUCN).

"Die Umstellung von einer intensiven auf eine naturnahe Produktion ist langfristig nachhaltiger", erklärt Supranee Kampongsun, Koordinator des IUCN-Projektes Mangrovenwälder und Märkte. "Diese Produktionsform bietet den Tieren natürliche Laichgründe und stärkt das Ökosystem der Mangrovenwälder. Wenn die Bauern wieder verstärkt Bäume anpflanzen, trägt dies dazu bei, dass die Walddecke der Region insgesamt zunimmt."

Ein Haus am Fluss. LANDRAUB UND INVESTOREN

Eine 1961 durchgeführte Studie ergab, dass entlang der 3.100 km langen Küste Thailands 368.000 Hektar von Mangrovenwäldern bedeckt waren. In diesen entfalteten sich mehr als 70 Baumarten – von den typischen, im Wasser stehenden Mangroven mit ihren Brettwurzeln bis hin zu riesigen Nipapalmen.
Laut Ministerium für Meeres- und Küstenressourcen sind mehr als ein halbes Jahrhundert später die Mangrovenwälder um ein Drittel auf 246.000 Hektar zurückgegangen. Etwa 70.000 Hektar werden für Zuchtbetriebe, vor allem Shrimp-Farmen, genutzt. In anderen asiatischen Ländern und in Lateinamerika stellt sich die Entwicklung ähnlich dar. Eine von den Vereinten Nationen geförderte Studie gelangte 2012 zu dem Ergebnis, dass seit 1980 weltweit ein Fünftel der Mangrovenwälder verloren gegangen sind. Meistens wurden die betroffenen Waldflächen für den Aufbau intensiv bewirtschafteter Shrimp-Farmen genutzt, in denen sich große Mengen an Abfallstoffen, Antibiotika und Düngemitteln ansammeln.

Shrimps.In Thailand verlangsamte sich die Zerstörung der Mangrovenwälder vor etwa 10 Jahren, doch die Regierung hat Schwierigkeiten mit der Wiederaufforstung der ausgelaugten Flächen, so Somsak Piriyayota, Direktor des Büros für den Schutz der Mangrovenwälder. "Das Problem besteht heute darin, auf den für die Shrimp-Produktion genutzten Flächen wieder Mangrovenwälder entstehen zu lassen, denn einige der Gebiete sind schon seit Generationen von Menschen besiedelt", so Piriyayota in einem Interview. "Wir waren nie besonders streng. Die Politik hat zugelassen, dass die Menschen dort leben, aber das Ökosystem leidet darunter. Einerseits müssen wir das Ökosystem schützen, andererseits müssen wir aber das Recht der Menschen auf ihre Lebensgrundlage achten."

Eine große Herausforderung ist die Klärung der tatsächlichen Eigentumsverhältnisse und die Verhinderung von Landraub durch Akteure, die in erster Linie auf wirtschaftlichen Gewinn aus sind.
"Die Regierung verfolgt die Strategie, Waldflächen von Investoren zurückzuverlangen, nicht aber von armen Bevölkerungsgruppen. Bei Shrimp-Farmen handelt es sich in der Regel um Investoren", so Piriyayota.
Eine neue Strategie der gemischten Landnutzung, die in der Provinz Nakhon Sri Thammarat im Süden des Landes verfolgt wird, gestattet der Bevölkerung die Nutzung degradierter Mangrovenwälder zur Einkommenserzielung, unter der Bedingung, dass die Hälfte der Flächen Mangrovenwald bleibt beziehungsweise renaturiert wird, ergänzt Piriyayota.

Ein Mann an einem Teich.

GESUND UND NACHHALTIG

Einst war Thailand der größte Shrimp-Exporteur der Welt. In den letzten Jahren wurden die Shrimp-Betriebe jedoch von einer tödlichen Krankheit mit der Bezeichnung "Early Mortality Syndrome" (EMS) heimgesucht, durch die ganze Garnelen-Populationen ausgerottet wurden. Gleichzeitig geriet das Land durch zahlreiche Berichte über Verstöße gegen die Arbeitsrechte von Migranten in die Schlagzeilen.
Regierung und die Shrimp-Industrie einigten sich schließlich auf Maßnahmen, um die Arbeitsrechtsverstöße abzustellen.
Außerdem fördert das thailändische Fischereiministerium inzwischen ökologische Produktionssysteme, um die Verbreitung von Krankheiten zu verhindern und die Umwelt zu schonen.
Dazu gehören auch das Anpflanzen von Bäumen als Filtersysteme, der Einsatz natürlicher statt künstlicher Futtermittel und der Verzicht auf Pestizide, Fungizide und Antibiotika.

Ein Mann an einem Fischteich.Die IUCN arbeitet mit den Garnelen-Produzenten in Thailand, Vietnam und Bangladesch an der Aufforstung und nachhaltigen Nutzung von Mangrovenwäldern. Mit Unterstützung der Umweltschutzbehörden geben Farmer wie Surakit Laeaddee ihre Erfahrungen an Kollegen innerhalb und außerhalb der Region weiter.

Die Shrimp-Farm von Laeaddee gehört zu den ersten Zuchtbetrieben, die von der thailändischen Regierung als ökologisch zertifiziert wurden. Fünfzehn weitere Betriebe in der Nähe wollen sich ebenfalls in diesem Jahr zertifizieren lassen, wodurch sich die für die ökologische Garnelen-Zucht genutzte Fläche auf knapp 100 Hektar verzehnfachen würde.

Ein Mann zeigt auf Palmen.Die Erträge aus der ökologischen Shrimp-Zucht sind wesentlich geringer; dafür wird jede Garnele aber deutlich größer. In Laeaddees Betrieb werden pro Quadratmeter zwei bis fünf Garnelen gezüchtet – in einem intensiv bewirtschafteten Zuchtbetrieb sind es 20 bis 30 pro Quadratmeter. Die ökologisch produzierten Shrimps erzielen mit 27 USD pro Kilogramm einen deutlich höheren Preis als die größten Shrimps aus einem konventionellen Betrieb, die für 14 USD pro Kilogramm verkauft werden. Außerdem sind die Kosten für Vorprodukte und -leistungen geringer, und ökologische Teiche haben eine längere Nutzungsdauer als intensiv bewirtschaftete Teiche, die wegen Krankheiten und Verschmutzung häufig vorzeitig aufgegeben werden müssen.
Das exklusive noble JW Marriott Hotel in Bangkok bezieht seine Garnelen von Laeaddee. In Vietnam, wo die IUCN ihr Programm für Mangrovenwälder und Märkte pilothaft durchgeführt hat, haben sich inzwischen mehr als 700 Produzenten für das Ökolabel qualifiziert und verkaufen ihre Ware nach Europa.

"Die Mangrovenwälder sind für uns Menschen wie ein Supermarkt", erklärt Piriyayota vom Büro für den Schutz der Mangrovenwälder, denn hier findet sich eine Nahrungskette, die mit Blättern und Parasiten beginnt und über Krabben und Fisch beim Menschen endet.

"Die Hauptproduzenten sind die Bäume, alle anderen in der Nahrungskette sind Verbraucher. Wenn der Mensch die Bäume fällt, ist es vorbei, denn die Nahrungskette wird dadurch zerstört."

Quelle: Thomson Reuters Foundation (Die Thomson Reuters Foundation ist die gemeinnützige Stiftung von Thomson Reuters, die sich mit humanitären Angelegenheiten, Frauenrechten, Korruption und dem Klimawandel befasst. Mehr unter www.trust.org)

Bericht: Alisa Tang, Bearbeitung: Megan Rowling

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