Allianzen für Waldlandschaften
Wie ein IKI-Projekt mit der Privatwirtschaft die Wiederherstellung von Waldlandschaften in Paraguay vorantreibt.
Wälder und die Wiederherstellung zerstörter Waldlandschaften (Forest Landscape Restoration, FLR) leisten auf der ganzen Welt entscheidende Beiträge für den Klimaschutz, zum Erhalt der biologischen Vielfalt und einer nachthaltigen Entwicklung. Sie speichern Kohlenstoff und stellen darüber hinaus andere wichtige Ökosystemleistungen bereit, wie beispielsweise den Schutz vor Erosion. Nachhaltig produziertes Holz ist ein vielseitiger ökologischer Rohstoff, und seine Produktion und Verarbeitung schafft zudem viele lokale Arbeitsplätze und Einkommensmöglichkeiten.
Damit ist der Landnutzungssektor – Wälder und ihre Wiederherstellung – ein Schlüsselsektor für viele Entwicklungs- und Schwellenländer, um ihre national festgelegten Klimaschutzbeiträge (Nationally determined contributions, NDCs) zu erreichen. Zu den Maßnahmen gehören Agroforstwirtschaft, Aufforstung, Wiederaufforstung oder Waldschutz. Welche Maßnahmen geeignet sind, hängt von den Bedürfnissen und Prioritäten der Landbesitzenden und der lokalen Interessengruppen, dem Standort und der technischen Machbarkeit, der finanziellen Tragfähigkeit sowie den politischen Prioritäten des jeweiligen Landes für den Landnutzungssektor ab.
Durch die Corona-Pandemie und ihre noch nicht vollständig abschätzbaren wirtschaftlichen Folgen geraten jedoch die ohnehin durch Entwaldung und Degradierung gefährdeten Waldlandschaften weltweit noch stärker unter Druck. Besonders Lateinamerika wurde von der Pandemie hart getroffen. Wie gravierend die Folgen sein können, zeigt das Beispiel Paraguay. Schätzungen gehen von 280.000 Menschen aus, die als direkte Folge der Pandemie unter die Armutsgrenze fallen werden. Die Pandemie wirkt sich dadurch auch direkt auf die Landnutzung und den Forstwirtschaftssektor aus. Weitere Wälder werden aus wirtschaftlicher Not illegal gerodet, um beispielweise neue landwirtschaftliche Flächen zu generieren oder das Holz zu verkaufen. Diese Pandemie-Auswirkungen gefährden die Erfolge der vergangenen Jahre, in denen in Paraguay versucht wurde, Waldlandschaften wiederherzustellen und über feste Standards den Forstsektor nachhaltiger zu gestalten.
Die Wiederherstellung von Waldlandschaften braucht private Mittel
Um weltweite Potenzial für den Schutz der Wälder und die Wiederherstellung zerstörter Waldlandschaften ausschöpfen zu können, reichen öffentliche Mittel nicht aus. Öffentliche Finanzierung kann aber förderliche Rahmenbedingungen und wichtige Impulse setzen. Öffentliche Mittel spielen deshalb eine entscheidende Katalysatorrolle bei der Mobilisierung von Finanzmitteln aus dem Privatsektor – durch die Identifizierung tragfähiger Geschäftsmodelle, die Beseitigung technischer und finanzieller Hindernisse für Investitionen, die Entwicklung grüner Kreditlinien und Kreditprodukte oder die Abstimmung von Angebot und Nachfrage.
Im Rahmen des von der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI) geförderten Projektes „Skalierung privater FLR-Investitionen in Latein Amerika“, das seit 2019 in Paraguay, El Salvador und Peru aktiv ist, entwickelt die UNIQUE forestry and land use GmbH als Projekt durchführende Organisation gemeinsam mit dem Impact-Investor Finance in Motion bankfähige FLR-Investitionen, fördert die Verbesserung von FLR-Maßnahmen und entwickelt robuste Wirkungsüberwachungssysteme für Finanzinstitute, die grüne Kreditlinien und auf FLR zugeschnittene Kreditprodukte anbieten wollen.
FLR-Allianzen für Paraguay
Darüber hinaus arbeitet das IKI-Projekt an konkreten FLR-Maßnahmen mit Schwerpunkt in Paraguay. Dabei setzt das Vorhaben auf Allianzen und Partnerschaften mit lokalen Akteurinnen und Akteuren der Privatwirtschaft, die nachhaltige Forstwirtschaft fördern und umsetzen. Die Allianzen umfassen auch öffentliche Stellen und Forschungseinrichtungen, um die Projektaktivitäten mit Forschungs- und Entwicklungskomponenten zu verknüpfen und den Wissenstransfer zu gewährleisten.
Bisher konnten zwei Projekte innerhalb der Allianzen umgesetzt werden. In Zusammenarbeit mit lokalen Baumschulen und der Universität Asunción produzierte das Vorhaben Setzlinge aus hochwertigem Saatgut. Dieses stammt von ausgewähltem einheimischen Samenbäumen aus regionalen Naturwäldern. Die Setzlinge wurden an lokale Forstunternehmen abgegeben, um eine erste Aufforstung von Pilot- und Testflächen mit heimischen Baumarten zu etablieren. Damit soll ein Nachweis über die technische Machbarkeit, finanzielle Implikationen und ihre Skalierung geschaffen werden. Die Unternehmen haben sich dazu verpflichtet, die Flächen zu pflegen und langfristig zu betreuen. Diese Pilotflächen mit nativen Baumarten stellen einen wichtigen Schritt dar, alternative Möglichkeiten zu Eukalyptus-Monokulturen im Kontext von Forest Landscape Restoration zu finden. Ziel ist, dass kommerzielle Betriebe in Zukunft das Potential und die Wichtigkeit von nativen Baumarten erkennen und Anreize haben, um ihre Betriebe zu diversifizieren und ökologischer zu gestalten. Dazu sind erfolgreiche Demonstrationsflächen unabdingbar und ein wichtiger erster Schritt.
Zudem unterstützt das IKI-Projekt die Zusammenarbeit von Forstunternehmen mit Kleinbäuerinnen und Kleinbauern bei der Anpflanzung von Bäumen in kleinen Betrieben im Rahmen sogenannter Outgrower-Programme. Diese Programme ermöglichen den Kleinbauern degradierte, unproduktive Weideflächen aufzuforsten und ihr Einkommen ohne hohe Opportunitätskosten zu diversifizieren. Dabei werden sie mit hochwertigen Setzlingen, Material und technischer Unterstützung von den Unternehmen begleitet. Die Erlöse der Holzernte werden aufgeteilt. Derartige faire partizipative Modelle haben nicht nur ökonomische Synergien, sondern erhöhen auch das Aufforstungspotential in Ländern wie Paraguay.
FLR-Kompetenzzentrum in San Pedro
Im Rahmen des Corona-Response-Paketes unterstützte die IKI das Projekt in Paraguay mit zusätzlichen finanziellen Mitteln in Höhe von 500.000 Euro und einer verlängerten Laufzeit bis ins Jahr 2024, um den oben beschrieben Pandemie-bedingten negativen Entwicklungen entgegenzuwirken. Die weiteren Gelder fließen in den Aufbau eines forstwirtschaftlichen Kompetenzzentrums im Department San Pedro im Osten Paraguays.
Das Departement ist traditionell auf die extensive Rindfleischproduktion ausgerichtet. In den letzten Jahren hat sich dort eine Handvoll professioneller FSC-zertifizierter Plantagenforstbetriebe niedergelassen, die Qualitätsholz produzieren wollen. Der Ausbau einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung und der Wiederaufbau von Wäldern bieteen viele Möglichkeiten für die Region. Beides zusammen erhöht die Menge einer zertifizierten Holzproduktion und schafft lokale und hochwertige Arbeitsplätze. Gleichzeitig verbessert eine naturnahe Landnutzung den Schutz der Biodiversität und leistet einen Beitrag zur Minderung der Treibhausgasemissionen.
Gegenwärtig steht der Sektor jedoch vor Herausforderungen, die mit einem noch nicht vollständig entwickelten Markt für nachhaltiges und zertifiziertes Holz und einem Mangel an professionellen Dienstleistenden und Fachkräften zusammenhängen. Doch ohne qualifizierte Fachkräfte ist ein Wiederaufbau von biodiversen, naturnahen Wäldern auf großen Flächen, die Klima- und Biodiversitätsschutz dienen, kaum möglich.
Vor diesem Hintergrund baut das IKI-Projekt ein breites Netzwerk mit auf, um maßgeschneiderte Schulungen, technische Unterstützung und den Austausch zwischen den Produzierenden zu entwickeln. Die Schulungen reichen von technischen Modulen, die sich auf waldbauliche Maßnahmen wie Pflege, Durchforstung und Ernte geeigneter Baumarten konzentrieren, bis hin zur Professionalisierung von Dienstleistenden durch Unterstützung in den Bereichen Personalwesen, Entwicklung von Geschäftsplänen und Verwaltung, nachhaltige Praktiken und Zertifizierung.
Gleichzeitig werden lokale und nationale Behörden und Forschungseinrichtungen einbezogen, um einen breiteren Dialog zwischen den Interessengruppen zu fördern. Der Austausch soll Anknüpfungspunkte für die Förderung von Forschung und Entwicklung sowie für Verbesserungen in der Forstverwaltung schaffen.
Schulungen und Trainings
Die angebotenen und für die Teilnehmenden kostenlosen Schulungsmodule und das Coaching sind für Forstbetriebe von großer Bedeutung. Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf lokalen Dienstleistenden, um das lokale Unternehmertum und die Schaffung von Arbeitsplätzen vor Ort zu fördern. Durch FLR-Maßnahmen soll gerade jungen Menschen in den ländlichen Gebieten eine attraktive und sichere Beschäftigungsperspektive auf einem Arbeitsmarkt geboten werden, der in Zeiten der Corona-Pandemie stark unter Druck geraten ist.
Die Maßnahmen erhöhen bei Investoren die Bereitschaft, in FLR-Maßnahmen zu investieren, und sie schaffen das notwendige Vertrauen, dass ein nachhaltiges und erfolgreiches Landnutzungsmanagement jenseits bisheriger Landnutzungsmodelle möglich und interessant ist. Es ist deshalb zu erwarten, dass sich kommerzielle Unternehmen an den Schulungen beteiligen und beispielsweise Trainingspersonal zur Verfügung stellen. Damit fördert die IKI eine nachhaltige, zertifizierte Forstwirtschaft, die von einer neuen, jungen Generation an ausreichend geschulten Försterinnen und Förstern getragen wird. So wird ein notwendiger Generations- und Bewusstseinswechsel vorangetrieben, der für den Schutz der Wälder und die Wiederherstellung zerstörter Waldlandschaften notwendig ist.
Dieser Beitrag ist Bestandteil des IKI-Jahresberichtes 2020 – Aktiv für den internationalen Klimaschutz. Weitere Informationen finden Sie auf der Sonderseite zum IKI-Jahresbericht 2020.
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