29.11.2017

Agrarversicherungen und Risikoübertragung in Peru

Kartoffelbauern auf der Hochebene von Puno, Peru; Foto: © GIZ/Leslie Searles.
Kartoffelbauern auf der Hochebene von Puno, Peru; Foto: © GIZ/Leslie Searles.

Ein IKI-Projekt setzt ein nachhaltiges System zur Übertragung von Risiken um, das auf Agrarversicherungen beruht und die sozioökonomische Entwicklung und Ernährungssicherheit in den ländlichen Räumen Perus unterstützt.

Infolge des Klimawandels dürften in Peru Extremwetterereignisse wie Dürren und Überschwemmungen sowie wetterbedingte Katastrophen künftig häufiger auftreten und heftiger ausfallen. Allein die Verluste und Schäden, die durch das wiederkehrende Klimaphänomen El Niño verursacht werden, belaufen sich in jedem Jahr mit einem El Niño-Effekt auf mehrere Milliarden US-Dollar. In der Landwirtschaft sind die Schäden aufgrund der Abhängigkeit von den Witterungsbedingungen besonders hoch. Drei Viertel der ländlichen Bevölkerung sind in der Landwirtschaft beschäftigt, 60 Prozent der Landbewohner leben unter der Armutsgrenze und beinahe ein Drittel aller Kinder in den ländlichen Regionen Perus ist unterernährt. Diese Zahlen verdeutlichen, dass Katastrophenrisiken in der Landwirtschaft die sozioökonomische Entwicklung und Ernährungssicherheit des Landes stark belasten.

Überschwemmtes Maisfeld in Piura (Nordperu) nach dem El Niño-Ereignis im März 2017; Foto: © GIZ.

Pedro Huertas, Reisbauer aus Piura, Peru; Foto: © GIZ."In der Blütezeit ist uns der Reis vertrocknet. Solange die Pflanze wächst, kann man sie noch bewässern. Doch wenn sie erst einmal blüht, ist dies nicht mehr möglich. Wenn die Blüten dann vertrocknen, kann man nichts mehr machen." (Pedro Huertas, Reisbauer)

Agrarversicherungen bieten das Potenzial, das Risiko für Ernte- und Einkommensverluste von den Bauern auf spezialisierte Versicherungsgesellschaften zu übertagen. Bei Extremwetterereignissen erhalten die Versicherten eine Entschädigung, so dass sie ihren Betrieb fortführen können. Gleichzeitig bieten die Versicherungen den Bauern einen besseren Zugang zu Krediten. Dadurch verbessern sie die Ernährungssicherheit, stärken die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft, sorgen für eine bessere soziale Inklusion und verhindern eine weitere Abwanderung der Menschen in die Städte. Allerdings gibt es in Peru keine Versicherungskultur. Viele Menschen können sich die Versicherungsbeiträge nicht leisten oder glauben nicht, dass die Versicherung im Schadensfall auch zahlt. Andere wiederum verlassen sich auf Nothilfeleistungen, anstatt aktiv Vorsorge zu betreiben.

Das Projekt „Integriertes Finanzmanagement von Klimarisiken im Agrarsektor in Peru“ (Climate, Agriculture and Risk Transfer – CAT) strebt einen nachhaltigen Risikotransfer auf der Grundlage von Agrarversicherungen an, die vom Staat und der Privatwirtschaft gemeinsam getragen werden. Die Projektmaßnahmen umfassen die Entwicklung von Versicherungspolicen, die Erarbeitung geeigneter Rechtsvorschriften und den Aufbau von institutionellen Strukturen. Zurzeit gibt es zwei Arten von Agrarversicherungen, die sich an unterschiedliche Zielgruppen richten: die Katastrophenschutz-Agrarversicherung, die 2009 auf den Markt kam und vollständig vom Staat subventioniert wird. Sie richtet sich an Subsistenzbauern in den ärmsten und am stärksten von Katastrophen betroffenen Regionen Perus. Daneben gibt es seit 2013 die kommerziellen Agrarversicherungen, die sich an große und mittelständische Erzeuger richten und in der Regel zusammen mit Agrarkrediten verkauft werden.

Der Erfolg des Projekts beruht auf der engen Zusammenarbeit zwischen den Partnern vor Ort: den privaten Versicherungsgesellschaften, den Banken sowie den Akteuren im Agrarsektor. Der Staat unterstützt das Agrarversicherungswesen durch Fördermaßnahmen, eine Subventionierung der Versicherungsbeiträge und rechtliche Maßnahmen. Capacity-Building-Maßnahmen für die Mitarbeiter von staatlichen Einrichtungen und privaten Unternehmen tragen dazu bei, die Reaktionszeiten im Schadensfall zu verkürzen. Außerdem verbessern sie die Qualität von fachlichen Entscheidungen und Beitragsberechnungen sowie die Entwicklung von Versicherungspolicen. Banken bieten die Agrarversicherungen zusammen mit Krediten an, damit etwaige Ernteverluste nicht zu Störungen bei der Bedienung des Kredits führen.

„Als ich mit einem Kredit für Reis begann, war alles ganz normal. Solange genügend Wasser da war, zahlte ich meinen Kredit Schritt für Schritt zurück. Doch dann wurde das Wasser knapp, das Klima änderte sich. Es war sehr trocken und ein Großteil der Ernte ging verloren“, berichtet der Landwirt Pedro Huertas. Dank der Versicherung konnte ich meinen Kredit abzahlen und die Produktion auf Bananen umstellen, die weniger Wasser benötigen: „Wir hatten genug von der Wasserknappheit und den ständigen Verlusten bei der Reisernte.“ Er kann den Abschluss einer Agrarversicherung nur empfehlen, vor allem dann, wenn man einen Kredit aufnehmen möchte. „Wer einen Kredit aufnimmt und keine Versicherung hat, geht ein sehr großes Risiko ein.“ (Pedro Huertas, Bananen-Erzeuger aus Piura, Peru)

Bauer auf seiner Bananen-Pflanzung in Piura, Nordperu; Foto: © GIZ.

Petrolina Farfán, Bananen-Erzeugerin aus Piura, Peru; Foto: © GIZ.„Als während der heftigen Regenfälle Chaos herrschte und wir verzweifelt waren, hat uns die Versicherung sehr geholfen. Wir konnten das Obst nicht ernten, (…) wir mussten uns verschulden. Wir konnten unsere Arbeiter nicht bezahlen. Doch Gott sei Dank zahlte die Versicherung und von dem Betrag blieb uns noch genug für Düngemittel übrig.“  (Petrolina Farfán, Bananen-Erzeugerin aus Piura, Peru)

Mit Unterstützung des Projekts konnte im März 2017 das Referat für Finanzen und Agrarversicherungen im peruanischen Ministerium für Landwirtschaft und Bewässerung gegründet werden. Doch der größte Erfolg wurde mit der Katastrophenschutz-Agrarversicherung erzielt: Zwischen 2014 und 2017 haben sich die versicherten Flächen und die Zahl der versicherten Bauern nahezu verdoppelt und die Versicherungssummen sind um 127 % gestiegen (siehe Tabelle 1). Seit 2017 wird die Katastrophenschutz-Agrarversicherung auch für die vom El Niño-Phänomen betroffenen Küstenregionen angeboten, die in der ersten Jahreshälfte schwer in Mitleidenschaft gezogen wurden.

Bis zum Projektabschluss im Jahr 2019 wird das Projekt die Entwicklung von Versicherungslösungen als Mechanismen zur Risikoübertragung weiter unterstützen. Da nur 17 % der genutzten Agrarflächen durch eine der beiden Versicherungsarten versichert sind und bislang noch keine Versicherungen für Vieh, Agroforstsysteme oder Aquakulturen angeboten werden, bleibt noch viel zu tun.

Das Projekt ist Teil der Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI), die vom Bundesumweltministerium (BMUB) gefördert wird. Durchgeführt wird das Projekt vom peruanischen Ministerium für Landwirtschaft und Bewässerung mit Unterstützung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit; diese wird von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH umgesetzt.

Tabelle 1: Katastrophenschutz-Agrarversicherungen und kommerzielle Agrarversicherungen in Peru.
Versicherungs-leistung
(USD/Hektar)
Versicherte Fläche
(in Tausend Hektar)
Anzahl der versicherten Bauern
(in Tausend)
Versicherungs-summe (in Mio. USD)
Jahr 2014 2017 2014 2017 2014 2017 2014 2017
Katastrophenschutz-
Agrarversicherungen
168 199 343 660 146 281 58 131
Kommerzielle
Agrarversicherungen
2051 2034 23 40 9,6 14,6 47 78

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